by Magorie
Spuren im Sand
„Bitte, noch einmal.”
Nur ein einziges Mal möchte er mit seinen Füßen das kalte Wasser der Nordsee spüren.
Es ist der letzte Tag auf Borkum. Und was sich in den vergangenen Tagen ereignete oder irgendwie mit ihm passierte, konnte er nicht fassen. Nicht ein einziges Mal durfte er sich in den letzten Wochen, die ihm unendlich erschienen, dem Wasser nähern. Ein positives Erlebnis wollte er noch nach Hause mitnehmen.
„Es wird klappen. Sie sieht mich nicht mehr. Sie ist drei Reihen hinter mir und beschäftigt.“ Er watet durch das Watt. Nicht einen Gedanken verschwenden. Da eine vertraute Stimme. „Stopp, Jörg. Nicht zum Wasser. Bleib stehen. Alle Kinder sollen beieinander bleiben. Nicht aus der Reihe scheren.“
Noch einen Moment, ein Meter vielleicht, dann ist es geschafft. Er hat das Meer erreicht. Sein linker Fuß ist im Wasser. Er schaut auf seine Füße und sieht diese im Sand einsinken. Doch plötzlich kommt Martha und blickt ihm ins Gesicht. Stumm, voller Kälte blickt sie ihn an. Und er weiß, was dieser Blick bedeutet. Er kann diesem durchdringenden finsteren Blick nicht entfliehen. „Du hast eine Grenze überschritten. Das wird Folgen haben.“ Er sucht nach einen Halt, findet jedoch keinen. Die anderen Kinder stehen hinter Martha und blicken ihm ins Gesicht. Noch ein einziges Mal das Meer anschauen. Da, seine Spuren im Sand. Vom Meer überspült. Und er weiß, dass diese Spuren ihn weiter verfolgen werden.
© Magorie 2025-07-04