Ich lag da und betrachtete die Decke meines Zimmers. Mit der einen Hand, strich ich über meine flauschige Decke, mit der anderen Hand drückte ich das Buch an meine Brust. Ich lächelte, als ich daran dachte, wie lang ich dieses Buch eigentlich schon besaß. Im Mai 2024 hatte ich es mir gekauft und seitdem hatte ich fast jeden Tag hineingeschrieben. Es war mein bester Freund gewesen, in Zeiten, in denen ich das Gefühl hatte, ganz alleine zu sein. Ich hatte niemals irgendwo so offen über meine Gefühle, Ängste und Träume geschrieben als in diesem Tagebuch. In dem Buch stand mehr über mich, als irgendeine Person über mich wusste. Geheimnisse, die ich mit niemandem teilen würde. Alles stand hier festgehalten, schwarz auf weiß.
Es sind nun sieben Monate her, seit ich angefangen hatte Tagebuch zu schreiben, ich hatte damit angefangen, weil ich es für eine schöne Idee hielt, in drei Jahren lesen zu können, wie es mir mit 14 ging. Aber in Wirklichkeit ist daraus viel mehr geworden als nur ein Hobby. Manche Einträge erstreckten sich über mehrere Seiten, andere bestanden nur aus wenigen Zeilen. Manchmal war, die Schrift verschwommen, da ich während dem Schreiben geweint hatte und Tränen auf die Seiten gefallen waren. Manchmal war meine Schrift groß und krakelig, da ich eigentlich viel zu aufgedreht war, um stillzusitzen und zu schreiben. Aber das Buch hatte sich nie beschwert, geduldig hat es meine Launen hingenommen und war der beste Zuhörer, den man sich vorstellen konnte.
Doch nun war die letzte Seite gefüllt. Ein neues Buch lag schon in der Schublade meines Schreibtisches. Ich freute mich schon darauf, die leeren Seiten zu befüllen und gleichzeitig, war ich traurig, da das alte Buch so personalisiert war. Es hatte Flecken und Seiten mit seltsamen Zeichnungen, und alles hatte eine Geschichte, sieben Monate lang, hatte ich das Buch überall hingeschleppt. Nach Polen, Tschechien, in die Schweiz und in die Berge, manchmal sogar in die Schule. Es war einfach immer da gewesen, wenn ich es gebraucht hatte.
Mancher meint, es sei kindisch, ich finde, es ist klug. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn du liest, wie es dir vor einem halben Jahr ging und wenn du dann siehst, wie scheiße es dir damals ging und du hast trotzdem weitergemacht, dann sitzt du da und denkst dir: „Ich hab es damals geschafft und werde es jetzt wieder schaffen!“
© Judith Steinbach 2025-01-25