Tee vom Drachenbaum

Walter Lepuschitz

by Walter Lepuschitz

Story

Weil M. ihren letzten runden Geburtstag nicht zu Hause feiern wollte, um nicht in jedem Fall von Glückwünschen mit einer Zahl konfrontiert zu werden, die sie nicht hören wollte, waren wir zu dieser Zeit auf den Kanarischen Inseln unterwegs.

Auf Teneriffa haben wir an einem Tagesausflug mit einem Bus teilgenommen, der auch in den Teide-Nationalpark führte. Wir wurden sehr früh abgeholt. Stunden später wusste ich warum. Auf der Rückfahrt, die uns noch in einige Orte im Norden führen sollte, fuhren wir kilometerlang an Staus von Mietautos entlang, die alle noch dorthin wollten, wo wir schon waren. Obwohl eine Attraktion, die Seilbahn auf den Teide, an diesem Tag wegen stürmischer Winde gar nicht in Betrieb war.

In La Orotava machte uns unser – aus Deutschland ausgewanderter und auf Teneriffa lebender – Reiseleiter auf Drachenbäume aufmerksam, die es dort in großer Zahl gab. Diese würden zwar aussehen wie Bäume, wären aber, weil innen hohl, keine Bäume sondern Zwiebelgewächse. Spätere Nachforschungen auf Tante Google sprachen auch von Lilien- oder Spargelgewächsen. Meine weißen Flecken auf der botanischen Landkarte konnten bei der Einordnung auch nicht wirklich hilfreich sein.

Unser Reiseleiter erzählte davon, dass man diesen Bäumen auch einen Tee verdanke, der Blutdruck stabilisieren, Cholesterin senken und eine Reihe anderer positiver EinflĂĽsse haben wĂĽrde. Man mĂĽsste ihn aber fĂĽr mindestens drei Wochen zu sich nehmen, um eine Wirkung zu erzielen. Er empfahl die Besichtigung der “La Casa de los Balcones”, eines Museums, und bot an, fĂĽr die Interessierten inzwischen solchen Tee zu besorgen.

Wann immer in der Vergangenheit mein Cholesterinspiegel gemessen wurde, war er knapp ĂĽber jener Grenze, die die Medizin fĂĽr unbedenklich hielt. Seit ich Prof. Hartenbachs “CholesterinlĂĽge” gelesen habe, hatte ich diesbezĂĽglich auch keinerlei Sorgen mehr. Auch blutdruckmäßig bin ich im unbedenklichen Bereich unterwegs. Trotzdem ging ich davon aus, dass es nicht schaden könnte und zeigte auch Interesse.

Angesichts des Betrages, den unser Reiseleiter danach beanspruchte, wäre es vielleicht besser gewesen, sich bei den Balkonen nicht so lange aufzuhalten und die Apotheke selbst aufzusuchen. Aber hinterher ist man immer klüger.

Wieder zu Hause bereitete ich mir einen solchen Tee zu. Er schmeckte gut und ich hielt das auch drei Wochen lang durch. In der dritten Woche fiel mir eine gewisse Müdigkeit auf, von der ich nicht wusste, woher sie kam. Irgendwann dachte ich dann auch daran, wieder regelmäßig meinen Blutdruck zu messen.

Der obere (systolische) Wert pendelte um die 90, der untere (diastolische) um die 55. Werte, die den Begriff “Blutdruck” eigentlich nicht mehr verdienen.

Danach habe ich den Tee sofort wieder abgesetzt. Zehn Tage später war der Blutdruck wieder dort, wo er auch sonst immer war. Ob und wie sich der Tee auf den Cholesterinspiegel ausgewirkt hat, habe ich nicht mehr überprüfen lassen.

© Walter Lepuschitz 2021-03-16

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