Thomas Mann – Der Zauberberg

Annemarie Baumgarten

by Annemarie Baumgarten

Story
1951 – 2024

Siebentes Kapitel Mynheer Peeperkorn: Er dämmte mit der Hand die Unterhaltung zurück, schuf Stille … Alle verstummten, sahen ihn lächelnd an, warteten, und da und dort nickte einer ihm zur Ermunterung lächelnd zu. Er sagte mit ziemlich leiser Stimme: “Meine Herrschaften. – Gut. Alles gut. Er-ledigt. Wollen Sie jedoch ins Auge fassen und nicht – keinen Augenblick – außer Acht lassen, dass – doch über diesen Punkt nichts weiter. Was anzusprechen mir obliegt, ist weniger jenes, als vor allem und einzig dies, dass wir verpflichtet sind – dass der unverbrüchliche – ich wiederhole und lege alle Betonung auf diesen Ausdruck – der unverbrüchliche Anspruch an uns gestellt ist — Nein! Nein, meine Herrschaften, nicht so! Nicht so, dass ich etwa – wie weit gefehlt wäre es zu denken, dass ich — Er-ledigt, meine Herrschaften! Vollkommen erledigt. Ich weiß uns einig in alldem, und so denn: zur Sache!” Er hatte nichts gesagt; aber sein Haupt erschien so unzweifelhaft bedeutend, sein Mienen- und Gestenspiel war dermaßen entschieden, eindringlich, ausdrucksvoll gewesen, dass alle und auch der lauschende Hans Castorp höchst Wichtiges vernommen zu haben meinten oder, sofern ihnen das Ausbleiben sachlicher und zu Ende geführter Mitteilung bewusst geworden war, dergleichen doch nicht vermissten. … Aber man hing an seinen Lippen, starrte lächelnd und mit empor gerissenen Brauen nickend auf das Rund, das sein Zeigefinger mit seinem Daumen bildete und neben welchem die anderen Finger lanzenspitz aufragten, während er mit seinem königlichen Antlitz sprechend arbeitete … “Ja, ja, ja, ja …. Durchaus!” sagte er. “Perfekt!” Es ist nun einmal – Erlauben Sie mir – Gut!” 

Aus dem Schriftwechsel mit einem Herren auf einer Dating-Plattform Frühjahr 2024: “Mein ‘Einstieg’ in die (katholische) Religion war, wie (im Westen) üblich unfreiwillig qua Geburt. Dann wurde ich zunächst in eine katholische Grundschule anstatt der auf dem Schulhof benachbarten nicht konfessionellen Grundschule gesteckt. Mein Vater war wohl dem unsympathischen Pastor hörig, hatte schon meinen älteren Bruder auf dessen Rat in ein Klosterinternat interniert, wo dieser dann für sein Leben verdorben wurde … Dort (Grundschule) wurden wir von einer ca. 80-jährigen Lehrerin im Klassenraum mit Rohrstock auf Finger und Rücken geschlagen. Dabei blickte man dann auf die Jesusdarstellung am Kreuz an der Wand (allein für sich nicht gut für eine Kinderseele). Da kann man nicht erwarten, dass einem die Religion sympathisch wird. Aber, wie geschrieben, da akzeptiere ich andere Menschen mit anderen Erfahrungen.” Ich wollte getauft werden, als ich erwachsen war. An langen Winterabenden 1990/91 habe ich die Bibel gelesen. Eine Taufe in der Kindheit war nicht möglich, die Großmutter bereits 1951 aus der Kirche ausgetreten. Meine Mutter war zu diesem Zeitpunkt 12 Jahre alt. Die Konfirmation wurde ihr verweigert. Sie erzählte, das sei so gewesen, weil sie zu viele Vorbereitungsstunden versäumt hatte. Mit ihrer Mutter half sie viel beim Bauern, um zusätzlich zu den Lebensmittelmarken etwas zu essen zu bekommen. Es war wohl auch eine Frage der Kirchensteuern. Die DDR-Regierung hatte ohnehin etwas gegen die Kirche. Im Oktober 2019 wurde ich 54-jährig getauft und konfirmiert.


© Annemarie Baumgarten 2024-11-01

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