Tourette Unlimited

Julia Kaim

by Julia Kaim

Story


Wasn da los!?

Ich glaube immernoch, dass ich mich mit Tourette angesteckt habe! Da ich den Ausdruck „verfickte Drecksscheiße“ langsam etwas fad finde, bin ich auf der Suche nach neuen Beleidigungen. Auf dem Gebiet bin ich ausgesprochen unkreativ und kreisel zwischen „Hurensohn“, „Kackbratze“, „Pissnelke“ und „Arschgesicht“. Mehr gibt mein Beschimpfungsvokabular nicht her. Aber ich gerate immer häufiger in Situationen, in denen reicht das nicht mehr aus. Neulich buchte ich einen Termin beim Baumarkt. Die Besorgungsliste war lang und der Besuch sollte sich lohnen. Ich war ein wenig aufgeregt, in Anbetracht des besonderen Ausflugs, hab ich kurz überlegt, ein paar Brote zu schmieren. Aber die 8 Minuten Fahrt würde ich wohl auch ohne Wegzehrung überstehen. Nach dem Einlass und Datencheck war ich auf der Suche nach einem 4cm x 4cm dicken Kantholz in einer Länge von 20 cm. Gab es nicht. Nur 2m lange Prügel. Als ich endlich den gut getarnten Hornbach-Mitarbeiter aus seinem Versteckregal gezogen hatte und fragte, ob ich so ein kleines Reststück bekommen könne, schüttelte er eifrig den Kopf. „Nein, ham wa nich!“ Beim weiteren Hetzen durch den Laden entdeckte ich ÜBERALL unter den Regalen Kantholz-Reststücke.Wirklich! Überall! Danke für NICHTS, du Flachwichser! Weiter ging es in der Gartenabteilung, in der ich neben der Beetbegrenzung und dem Zierkies auch die Rasenkantensteine vermutet hatte. Fehlanzeige! Als ich freundlich die Mitarbeiterin fragte, die sich zwischen den Regenfässern verkrochen hatte, wo ich Rasenkantensteine finden könne, lautete die Antwort: „Baustoffe!“ Jepp, Arschgeburt! Zwei Wörter mehr und es wäre fast ein ganzer Satz geworden! Vorschlag: „Da sind Sie hier leider falsch. Rasenkantensteine finden Sie draußen bei den Baustoffen, am anderen Ende des Marktes!“ Bei den Baustoffen und dem mühseligen Versuch, 9 Rasenkantensteine in den Kofferraum zu verfrachten, regten sich die zwei jungen Männer hinter mir nur darüber auf, dass ich etwas zu nah, an den Steinen geparkt hatte, sodass es jetzt etwas schwieriger für sie (ca. 30 Jahre jung, mit der Statur zweier Footballspieler) war, auch daran zu kommen. Ich hockte im Kofferraum und war fassungslos über so viel enthusiastische Hilfsbereitschaft, dass mir fast die Tränen kamen. Wer hat euch eigentlich ins Gehirn geschissen, ihr elenden Pissflitschen?! Die Krönung war der Gabelstablerfahrer, der schon davon genervt war, dass er mit seinem Gabelstabler 15 Meter weiter 4 Säcke Beton aufladen und wieder 15 Meter zurückfahren sollte. Wie die Säcke, von denen einer 25 Kg wiegt, in den Kofferraum kommen, war ihm piepegal. Er ist offenbar nur zum Staplerfahren eingestellt. Ihr kennt Gabelstaplerfahrer Klaus…?! Du Charakterattrappe!!! Ihr Chefzäpfchen, Chromosomengepansche, gehirnlose Hackfressen…was stimmt nicht mit euch!? Wenn ich sehe, dass jemand Hilfe benötigt, helfe ich! Vier Hände sind einfach mehr als zwei! Muss man in der Grundschule eben mal besser aufpassen! Im Kofferraum hockend fluchte ich und blitzartig fielen mir ganz neue Beschimpfungen ein. Situationsabhängige Kreativität also! In der Baustoffabteilung hab ich jetzt Hausverbot und Gabelstaplerfahrer-Klaus seitdem schlechte Laune.. 

© Julia Kaim 2024-08-23

Genres
Humor & Satire
Moods
Komisch