Traumprinzen backen

Kathrin Schink

by Kathrin Schink

Story

Vielleicht sollte sie ihn einfach backen, ihren Traumprinzen. Reichlich Anschauungsmaterial hat sie. Ein Backförmchen bekam sie schon geschenkt.

Wie sollte er also aussehen? Welche Eigenschaften scheinen ihr wünschenswert? Vielleicht geht doch ein Frosch, aus dem beim ersten Kuss ein Prinz wird? Welchen der Frösche hätte sie in ihrem Bettchen geduldet?

Intelligenz ist ihr wichtig. Schließlich soll ein qualifizierter Austausch möglich sein. Viele Worte muss er abkönnen und sie auch verarbeiten. Er darf ambitioniert sein, was das Berufliche angeht. Gern ist sie seine Inspiration. Genügend Zeit für gemeinsame Spaziergänge, Naturbetrachtungen und gutes (selbst gekochtes) Essen ist wichtig und wird ernstgenommen. Wenn die Biorhythmen unterschiedlich sind, ist eine ausreichende gemeinsame Wach-Denk-Zeit unerlässlich.

Diese Zuschreibungen zu beleuchten wäre wohl erhellend. So sagte Kurt Tepperwein sinngemäß: Willst du den idealen Partner, musst du zum idealen Partner werden. Nehmen wir also den Spiegel zur Hand:

Intelligenz ist wohl immer auch eine Frage der Definition. Eine allgemein gültige Definition für Intelligenz gibt es nicht. Die lateinische Sprache ist gern vieldeutig. Wörtlich bedeutet intellegere „wählen zwischen …“. Soll er in der Lage sein, zwischen Umständen, Dingen, Menschen zu wählen? Kann sie das auch? Vielleicht ist dann doch eher die kognitive oder geistige Leistungsfähigkeit im Kontext der Psychologie gemeint. Hier hat sie viel zu bieten. Es wäre noch wichtig zu klären, ob sie eher das ergänzende oder das gleich schwingende Modell bevorzugt.

Dass sie viele Worte in kürzester Zeit mit Gehalt und Tiefe verteilen kann und dies auch mit Hingabe tut, ist unbestritten. Ist sie auch in der Lage zu schweigen und (möglichst empathisch) zuzuhören? Ist sie bereit, Wissen zu verarbeiten, das nur wenig oder kein Interesse bei ihr weckt? Auch zu Zeiten, die ihrem Bio-Rhythmus nicht entsprechen? Es käme auf den Versuch an, zumal im Hinblick auf einen fortdauernden Zeitenlauf.

Was Spaziergänge, Aufenthalt in der Natur und Essen angeht, springt uns die Frage nach Toleranzen bzw. Intoleranzen geradezu an. Sie spaziert gern stundenlang. Was ist mit 10minütigen Gängen um den Block oder der gemütlichen Joggingrunde über 45 Minuten? Würde sie die Turnschuhe herauskramen? Wie groß wäre die Begeisterung bei einer Wanderung aufs Dach der Welt mit Rucksack und Zelt? Könnte sie entspannt einen ständigen Geruch nach gebratenem Fleisch ertragen?

Was also müsste sie verändern, um die ideale Partnerin zu sein? Vielleicht sollte sie ihn doch einfach backen, ihren Traumprinzen?

© Kathrin Schink 2021-08-26

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