trüffelschwein

Flaco

by Flaco

Story

ein freund hat mich ein “trüffelschwein” genannt. wenn das auch auf den ersten blick nicht besonders schmeichelhaft klingt, ist da doch was dran.

athen 1979. seit tagen ernähre ich mich schon von pommes, weil ich kaum mehr geld habe. auf kreta hatte ich ein überaus lustiges mädchen aus berlin gefunden. so genießen wir unsere pommes wenigstens gemeinsam. weil uns sogar das geld für die heimfahrt auszugehen droht, sind wir auf dem rückweg. die überfahrt von der insel zum festland haben wir als deckpassagiere auf einem frachtschiff verbracht, bei sturm und regen, versteckt unter einem rettungsboot. in einer so misslichen lage ist es natürlich nicht nur vernünftig, sondern geradezu lebenswichtig, sich eng aneinander zu kuscheln. war ein schönes gewitter. in piräus übernachten wir, mit einigen britischen punks, in einem park am hafen. bald habe ich einen streunenden hund gefunden der auf unsere rucksäcke aufpasst, wenn wir in die plaka, den großen markt in der altstadt von athen fahren. im geschäftigen treiben liegt dort auf dem boden, direkt vor meinen flipflops, eine von diesen geldspangen, mit nichts sonst als einer menge scheinen. ich hebe sie auf. da ist es, das trüffelschwein. habe schon so viel gefunden, dass es mir selbst ein rätsel ist, nicht weil ich irgendetwas suchen würde, es liegt einfach da und ich hebe es auf. jedenfalls ziehen die berlinerin und ich in ein hotel, bleiben noch eine weile und haben eine gute zeit (der hund aus dem park auch).

jahre später. ich durchlebe gerade eine dramatische trennung, wenn ich auch noch nie eine erlebt hätte die nicht dramatisch gewesen wäre, ist doch bei dieser besonders viel kaputt gegangen. nicht nur metaphorisch, sondern auch in meiner wohnung. so sitze ich spätnachts ziemlich bedudelt in einer stadtbahnstation, starre, wie man in wien sagt, “ins narrenkastl” und zerbreche mir den kopf wie ich zumindest meine wohnung wiederherstellen könnte. weil der kleine stein darin so farbig funkelt, erweckt ein zertretener ohrring meine aufmerksamkeit. ich hebe ihn auf. was mich an dem schätzgutachten noch mehr überraschte als sein erheblicher wert, war, dass man an der art wie der stein geschliffen war, erkennen konnte, dass er aus dem 19.jh stammte. meine bude ist recht cool geworden. schade eigentlich, dass sie die nie wieder betreten hat. sie hat sich wahrscheinlich einen passenderen partner gefunden, wenn sie glück hatte (und nicht zu entschlossen gesucht hat).

irgendwas findet sich schon, bei mir ist das meist so (trüffelschwein). lange ließe sich die liste von funden fortführen, unerwartete möglichkeiten, gelegenheiten, gegenstände, unlängst erst 10 kg kaffee und 2 flaschen zwetschkenschnaps (seltsame geschichte). essen und trinken sind ja angeblich das rettungsboot des alters bei sturm und regen. früher war alles besser (in griechenland).

also flaco, jetzt werd nicht melancholisch. gerade du weißt das doch: je weniger man sucht, desto mehr findet man. so einfach ist das – vielleicht.




© Flaco 2024-12-09

Genres
Novels & Stories