by Beata Beck
Ein Seil hätt’ ich spannen können und jeden Morgen wie die Hex’ aus der Volksoperninszenierung der Oper Hänsel und Gretel, mit der ich als Kind jährlich musikalisch aufgewachsen bin, in’s riesengroĂźe – allein 50000 Quadratmeter GrĂĽnfläche – Gymnasium der Wieden fliegen können.
Ob ich immer pĂĽnktlich gewesen wäre, weiĂź ich nicht, denn je näher man wohnt, desto später verlässt man bekanntlich das traute Terrain, um dann wie von der Tarantel gestochen seinen zweiminĂĽtigen FuĂźweg zu hetzen. Da die Internatsaufhebung fĂĽr Anrainer zu meiner Zeit leider nicht mehr gegeben war und ich bis 18 Uhr hätte in der Schule bleiben mĂĽssen, fiel das Theresianum aus der Schulliste – es passte leider nicht in meinen, beziehungsweise den meiner Eltern fĂĽr mich vorgesehenen Lebensplan, denn wer musikalisch gefördert wird, weiĂź: ohne konsequentes Ăśben geht gar nichts.
Also wurde es das nicht weit vom Karlsplatz entfernte architektonisch prachtvolle Akademische Gymnasium, – erbaut von Rathaus-Architekt Franz Schmidt in Neugotik am Beethovenplatz – dem ich eine wunderschöne Schulzeit und zusätzlich zur intensiven und behĂĽteten Erziehung meiner Eltern viel Bildung als auch den Drang zur stetigen Weiterbildung und Hinterfragung verdanke. Ein Umstand, den ich nach den letzten Jahren ganz besonders zu schätzen weiĂź.
Viele Wege fĂĽhrten mich in die Schule und zurĂĽck. Per rote U-Bahnlinie und StraĂźenbahn via Oper, per D-Linie von der Belvedereseite des Grätzls als auch per pedes durch die Wieden – letzteres dann zumeist am Heimweg. Damals war ich noch nicht leidenschaftliche Fahrradfahrerin, auĂźer im Belvedere, wo wir als Kinder ohne StĂĽtzen aber nicht fahren durften, weshalb ich eigenwilliges Kind die StĂĽtzen halt am Fahrrad lassen musste, auch wenn sie gar nicht mehr den Boden berĂĽhrten, sondern in der Luft mitschwingten – aber Hauptsache, ich durfte so die Regeln der bei uns Kindern nicht unbedingt beliebten Parkwächter durchkreuzen.
Mein musikalischer Ausbildungsweg führte mich übrigens bereits zuvor in meine zukünftige Schulrichtung, nämlich gegenüber in die Lothringerstraße, wo ich ab dem Alter von sieben Jahren an der damaligen Hochschule für Musik und darstellenden Kunst im Vorbereitungslehrgang Klavier studierte.
Die Wieden als Vorstadtgrätzl liegt so genial zu diversen Musik – und Kunststätten rund um den Vierten als natĂĽrlich auch im Vierten selbst, dass es nicht verwunderlich ist, wie viele Musiker beziehungsweise KĂĽnstler hier immer schon angesiedelt lebten und leben. Voll und ganz ein kĂĽnstlerischer Traumbezirk – mein Traumbezirk, in dem ich geboren und aufgewachsen bin. Man könnte von mir sozusagen als Vollblutwiednerin sprechen.
© Beata Beck 2023-01-16