Untot sein

Ewig leben, den sterblichen mit Tipps und Tricks zur Seite stehen. Zur Seite stehen, wenn sie kurz vor ihrer Vernichtung sind. Und dies alles, weil man Erfahrung hat und seit vielen Jahrhunderten durch die Geschichte wandert. Ohne einen “Feind” zu haben. Ja, es gibt auch moderne Untote, die keine Angst haben, wenn sie Vater Sonne gegenüberstehen.

Keine Angst, ich habe keine suizidalen Gedanken. Ich mache einfach einen Gedankenspaziergang, spiele “Was wäre wenn” und kann einfach nicht schlafen gehen. Geschichte ist gut, doch es bringt nichts, wenn man ohne Bildung einen Beruf ergreift, den eigentlich jeder “ergreifen” oder erben kann und keine Ahnung von Geschichte hat. Geld alleine sollte kein Kriterium sein und bleiben, dass man Präsident von einem Land wird. Zumindest nicht in Ländern, in denen “gebildete” Menschen weggesperrt und entsorgt werden. Als Untoter, der durch die Zeit schreitet, vielleicht alles wiederholt erlebt, Laibach hört und weiß, wie es endet, kann es zum Problem werden. Es kann zum Problem werden, jemals gelebt zu haben und zum Untoten geworden zu sein. Mit dem Wissen, nichts tun zu können, weil man einfach nicht das Geld, die “Macht” und was weiß ich noch was hat, um den Homo Sapiens im Anthropozän vor dem Untergang zu bewahren. Genau so geht es mir momentan. Trotz meiner Unsterblichkeit, trotz meiner Arbeit in einem sozialen Beruf und ausgeprägter Misanthropie schaffe ich es nicht – selbst mit dem größten Spiegel – den Sterblichen zu zeigen, dass sie die falsche Abzweigung nehmen. Ich gehe 40 Stunden in der Woche arbeiten, verlängere Leben, bekomme dafür schönes Salär, welches mehr wäre, würde nicht das Finanzamt in meinen Lohnbeutel greifen und die Hälfte in die Staatskasse umleiten, das die soziale Hängematte nicht durchhängt. Vielleicht sollte ich mein Bett in einem anderen Land aufstellen?

Bin ich im falschen Job, um etwas bewegen zu können – global gesehen – oder lebe ich in der “falschen” Zeit? Diese Frage muss ich für mich selber beantworten. Ich lebe gefühlt in der “falschen” Zeit. Ich bin meiner Zeit voraus. Ich sehe die Zukunft, die Vergangenheit und fürchte mich vor dem Morgen. Dies ist das Schicksal eines Untoten. Und damit muss ich leben. Höre gerade “Fuck the USA” von The Exploited aus dem Jahr 1983. Die haben es schon damals gewusst. Jeder bekommt, was er verdient. Ich bin Untot und sitze in meinem Garten Ottakring. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben Donald, Israel hat Benjamin, Nord Korea hat Jong-un, Russland den Wladimir und Österreich den Alexander.

Doch was hat Mutter Erde davon?