by Human-being
Ein richtiger Stau ist da in meinem Kopf und alles schreit danach, dass es raus muss. Geordnet, sichtbar, unrevidierbar. Hauptsache es spukt nicht mehr, da oben und ich kann wieder, für den Alltag funktionieren.
In den ersten Momenten, bin ich zögerlich. Ja, fast ängstlich. Sehe dieses leere blitzeblanke Papier vor mir und habe Angst, es zu versauen. Lege jedes aufkeimende Wort auf die Goldschale und befürchte, eine Irrfahrt sondersgleichen. Meistens ist es so, dass der Anfgangssatz sich fest eingebrannt hat. Aber was er mir und ich damit, der Welt da draußen wirklich sagen möchte, bleibt mir lange ungewiss. Und die Befürchtung wächst, dass ich Andere mit in meinen Schlund der Verwirrung ziehe.
Versuche mich in den Kopf von Ben, Joko und Fritze hineinzuversetzen. Was möchte diese Person gerne hören. Welche Wortwahl entspricht ihrer Aufmerksamkeit und – ohgott – der Titel, dass ist DER Eyecatcher. Viel zu lange sitze ich schon wieder davor. Mache mir Gedanken über meine Fingernägel, welches Essen es zum Abend gibt und welche Rechnung noch beglichen werden sollte. Eigentlich wollte ich ja nur meinen Kopf entleeren, aber irgendwie habe ich mir ein neues Problem aufgehalts. Da wäre es doch einfacher gewesen, den Papierkorb auszuschütten. Hilft alles nichts. Wie damals in der Schule, während einer Klauser. Als der Lehrer mit süffisantem Blick und mahnender Stimme sagte, jeder bleibt auf seinem Blatt! Okay, okay. Wollt´s mir halt immer schon ein wenig einfacher machen. Wenigstens diesen Balast von mir werfen.
Ja, ich dachte es legt sich, mit der Zeit. Und ja, ich dachte, mit dem Alter hätte ich mir da so ´nen Strategie angeeiggnet. Aber Schreibblockaden ziehen wohl mit. Ein kreativer Wesenszug kann so manchen Höhenflug bescheren, aber puh, sagt mal Einer, auch was für einen Höhenfluch.
Mittlerweile habe ich die Hälfte erreicht. Frage mich immer noch, was ist eigentlich der rote Faden? Und gleichzeitig fühlt es sich, da oben, schon leichter an. Irgendwie zieht eine übermütige Euphorie durch mich. Meine Vernetzungen von Neuronen und Elektronen in Worte zu fassen. Meine Wahrnehmung und mein Erlebtes auf Papier zu bringen, sichtbar für andere. So facettenreich und individuell, dieser Stau in meinem Kopf. Dass ich nicht lache, jetzt knüpfe ich dem Ganzen noch etwas fabelhaftes ab.
Für Jemanden wünsche ich mir, dass ich mit dieser Erzählung, mit all den Worten, eine Inspiration, Identifkation oder vielleicht auch nur eine Illusion schaffen kann. Und für mich wünsche ich, dass sich der Buchstabensalat sortiert und die Gedanken nicht mehr wahllos rotieren. Es hilft, ihnen einen konkreten Platz zu geben, sie am Schlafittchen zu packen und sie beim Namen zu nennen.
Aber nochmal der ganze Spuk, boor… uff, nee danke.
Und gleichzeitig lache ich mich bei dem Gedenken selber aus.
© Human-being 2020-05-02