Von der Reise zurück

Nina Dähne

by Nina Dähne

Story

…und den Gedanken, die dich dabei begleiten

13. Juli – Geburtstage und Bahnfahrten bieten Anlass zu Reflektion.

Wenn ich auf das vergangene Jahr zurückblicke, mein 22. Lebensjahr, dann hat es mich um viele Erfahrungen, Erlebnisse und Erkenntnisse bereichert. Vor einem Jahr befand ich mich mitten in der Prüfungsphase. Ich hatte eine Mitbewohnerin, die eine meiner besten Freundinnen war, einen Freund, mit dem ich fast 24 Stunden am Tag verbrachte, einen unterbezahlten Studentenjob für einen Professor, den ich bewunderte, studierte neben Jura auch noch BWL, und hatte nach den Beschränkungen durch die Pandemie endlich wieder das Gefühl, dass sich das Leben normalisierte.

Im August verließ ich Deutschland, um für ein halbes Jahr in Kalifornien zu studieren. Knappe sechs Monate später saß ich wieder im Flieger. Erneut befand ich mich mitten in der Prüfungsphase, doch alles andere hatte sich geändert. Meine Mitbewohnerin hatte mich durch eine neue “beste” Freundin ersetzt, mein Freund sich von mir getrennt, den Job und die zwei Studiengänge hatte ich noch, doch glücklich machte mich beides nicht mehr, und das Leben war noch immer nicht vollständig zur Normalität zurückgekehrt.

Die Zeit in Island wurde zu meinem Befreiungsschlag. Endlich erfüllte ich mir einen lang ersehnten Traum und meine Schwester und ich waren nach all der Zeit, die wir getrennt in zwei Ländern lebten, wieder zu einer Einheit geworden. Eine ganze Reihe von positiven Emotionen wurde durch die Reise in mir ausgelöst.

Ich war dankbar, dass uns so viele besondere Momente beschert wurden. Wir erlebten Naturwunder hautnah, sahen wilde Tiere von Polarfuchs über Meeresvögel bis hin zum riesigen Blauwal, und nahmen immer wieder in heißen Quellen ein Bad.

Ich verspürte Ehrfurcht, als ich vor den beeindruckenden Wasserfällen stand. Dem mächtigen Gullfoss, dem riesigen Glymur, dem sich in Kaskaden ergießenden Dynjandi, dem unglaublich schönen Goðafoss. Am Seljalandsfoss hinter dem Wasserfall, direkt über dem Wasserfall am Selfoss.

Ich fühlte Inspiration als uns einmal mitten in der Nacht der Regen weckte, der laut auf das metallene Dach unseres Vans prasselte, und uns draußen ein kleines Wunder erwartete. Wir hatten direkt auf einem Campingplatz am Meer geparkt und über diesem Meer stand nun eine hell strahlende Sonne und der ganze Horizont leuchtete in violetter und rosaroter Färbung.

Auf langen Fahrten durch das Land aus Feuer und Eis hatten wir viel Spaß, wenn ich meiner Schwester wahlweise aus Agatha Christie oder einem Buch mit isländischen Sagen vorlas, wir zu unserer Islandplaylist laut mitsangen, unseren Proviant snackten und Karten spielten oder uns auf abenteuerliche Wanderungen begaben. Wir fühlten eine längst verloren geglaubte Verbundenheit.

Island gibt mir die Hoffnung, die ich für mein kommendes Lebensjahr brauche. Ich sitze im Zug von Frankfurt nach Augsburg und heute ist mein 23. Geburtstag.

© Nina Dähne 2023-01-29

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