Waldviertler “MAGIC HOUR”

Noch etwas benebelt von der Duftreise, die mit 90 Sachen quer durch die Länder und quer durch meinen Körper zog, watschle ich, nur mit Flip-Flops bekleidet, nach draußen. Ein Übermaß an Trödelei hat den Zeigern der Uhr einen kräftigen Schubs versetzt und da diese Zeit fehlte, musste sie zum Ausgleich irgendwo wieder eingespart werden. Dieses Reglement mit der Kleidung bzw. der Auswahl dieser, führt ohnehin nur dazu, dass sich schneller mehr Sand im unteren Abschnitt der Lebenszeit-Sanduhr sammelt.

Nur die Kombination der Umstände, nämlich das Nicht-Auffinden eines Bikinis und das Hinein-Stolpern in die Kristallsauna direkt nach der Ankunft im Sole-Felsen-Bad zu fortgeschrittener Stunde, sorgen für DEN “MAGIC EFFECT“. In meiner Eile, den Aufguss noch zu erwischen – die Orientierungslosigkeit immer mit dabei im Gepäck – habe ich das Ambiente rundherum nur in Ansätzen wahrgenommen. Mein limbisches System sortiert noch die Düfte, die wir soeben schnupperten und meine Füße versuchen sich mit den Riemchen des (zu dieser Jahreszeit) noch ungewohnten Schuhwerkes zu arrangieren.

Als ich jetzt um die Ecke biege und mich orientieren möchte, stockt mir fast der Atem. Ich stoppe sofort und lasse diesen Ausblick auf mich wirken, bevor ich meine Flip-Flops an Ort und Stelle stehen lasse und mit dem Saunatuch in der Hand loslaufe, als wäre ich ein Eichhörnchen, das den Nussbaum neben sich erkannt hat. Vor mir breitet sich über meinen kompletten Sichtbereich der Asangteich aus. Ein Teich, der es verdient hätte, als See tituliert zu werden. Er ist ausschließlich von Wald umgeben. Kein Auto, kein Haus, keine Fabrik – nichts in Sichtweite, das die Idylle dieses Bildes stören würde. Natur, so pur wie sie (fast) nur im WALDVIERTEL ist. Und trotzdem wäre es womöglich nur ein Teich – oder ein See – in der Natur, wenn sich die Sonne nicht genau JETZT neigen würde. “Kitschig” wird dem Bild nicht gerecht, das sich mir zeigt. Die sanften Farben des Sonnenuntergangs hüllen die Landschaft in einen “TOUCH OF ROMANCE“, der die Seele berührt und mich die Wirklichkeit vergessen lässt. Vielleicht ist es der Überraschungseffekt, der mich ertrinken lässt in diesem Zauber und den ich versuche aufzusaugen und zu inhalieren, um ihn in meinen Zellen zu speichern und möglichst lange behalten zu können. Der untergehenden Sonne in diesem atemberaubenden Ambiente nackt entgegenzuschwimmen berührt meine Sehnsucht nach innerer Freiheit. Ich spüre nicht mehr, ob das Wasser kalt oder warm ist und möchte immer weiter schwimmen. Alle Gedanken haben sich in Luft aufgelöst und alles fühlt sich leicht an. Ich bin alleine und fühle mich verbunden.

Wahrscheinlich beginnen die anderen Saunagäste gerade vorsichtig den großen Zeh ins Wasser zu halten, und schonen ihr Herz durch langsames vorsichtiges Hineingleiten in den Teich, als ich in meiner 100 % Zentriertheit, tief erfüllt in der Mitte des Teiches schwimme – immer weiter der untergehenden Sonne entgegen. Wann habe ich mich das letzte Mal so unendlich glücklich gefühlt? In mir ist nichts als Glückseligkeit.

So fühlt sich “SEIN” an. ICH BIN.