Ich habe das mal so formuliert: Die Zeit hat andere Ursachen als sich selbst, deshalb verläuft sie auch nur augenscheinlich linear.
In der Tat ist die Zeit etwas sehr Ungewöhnliches. Seit Einstein wissen wir, dass die Zeit nicht linear ist und dass ein Mensch der in einem Raumschiff mit näherungsweise Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist und dann wieder zur Erde zurückkehrt, einige Jahre weniger altern wird, als sein Zwillingsbruder. Das nennt man das Zwillingsparadoxon.
Dieses Beispiel hat mich zu einer waghalsigen Annahme verführt, nämlich: Zeit existiert vielleicht gar nicht. Die Zeit ist vielleicht einfach nur eine Hilfsgröße, die es Menschen ermöglicht, Geschwindigkeiten zu verstehen und zu berechnen und vielleicht ist ja alles ganz anders, als wir es in der Schule gelernt haben und die Geschwindigkeit ist eigentlich das, woraus sich eine Zeit ermitteln lässt und nicht umgekehrt.
Gehen wir mal davon aus, Zeit würde tatsächlich nicht existieren und die Menschen sprechen nicht über die Zeit, sondern über dokumentierte Ereignisse in der Vergangenheit, die jetzt vorbei sind und die sie auch nicht mehr beeinflussen können. Ohne diese Dokumente würde man nichts über diese “Zeit” wissen, sofern man alle Überreste vergangener Epochen als Form von “Dokumentation” interpretiert.
D.h. wir wissen, dass unserer Dokumente unvollständig sind und deshalb einige unsrer Annahmen falsch sein könnten. Was wiederum bedeutet, dass die Vergangenheit nur in Form dieser Dokumente existiert. Das macht auch unsere DNA zu einer Form von Dokumentation, die es den Zellen erlaubt, Menschen ungefähr so zusammenzubauen, wie sie früher einmal waren. Also existiert die Vergangenheit eigentlich gar nicht? Sie kann eigentlich nur über die Dokumente, die es noch gibt, auf die Gegenwart einwirken und die sind ja Teil der Gegenwart.
Die Zukunft existiert gewiss auch nur in unserer Ideenwelt.
Das macht die Gegenwart zur einzigen Zeit, die es gibt und die Uhren sind nur Dokumentationswerkzeuge, wo man gegenwärtige Ereignisse mit einem “zeitlichen Referenzwert” für die zukünftige Gegenwart aufheben kann. Beispiel:
Es wirkt vielleicht kontraintuitiv zu sagen, dass 6 Uhr etwas anderes als 6 Uhr ist, aber eigentlich ist es ein gewisser Punkt, den die Erde in ihrer eigenen Rotation erreicht und die Uhrzeit ist nur eine Art Name für diese Position im Universum.
Also gibt es Objekte und es gibt Geschwindigkeiten, aber die Zeit, die gibt es nur in Form von einem Namen für einen Bezugspunkt im Universum. Warum das ausgerechnet die Erde zu sein hat, darüber wundern sich sicher die Aliens, denen wir irgendwann einmal begegnen könnten. Für die hat die Zeit vielleicht 35 Stunden und 47 Minuten pro Tag, 2012 Tage auf ein Jahr?
© Lukas Pottmann 2025-06-01