Weihnachten wie früher? Zauber oder Realität

Die Eindrücke und Gefühle eines Kindes weichen von der Realität ja manchmal ab. In der Vorstellung eines Kindes ist der Zauber der Weihnacht, ein Leuchten, Knistern und Funkeln, mit Geheimnissen umhüllt. Eine sich während der 24 Tage Adventzeit aufbauende Spannung, die sich dann in der Bescherung festlich erfüllt.

Ein Glanz, der von den Erwachsenen oft ganz anders wahrgenommen wird. Die Realität der Fünfzigerjahre war, dass meine Mutter, genauso wie die Mütter heute, viel zu tun hatte in der Vorweihnachtszeit. Internetshopping gab es nicht, auch Preisvergleiche machte man vor Ort und das erforderte mehrmalige Wege. Auto hatten wir damals noch keines und Shoppingcities, wo man gleich mehrere Geschenke an einem Tag kaufen kann, gab es ebenfalls noch nicht. Hingegen gab es außer den vier Einkaufsamstagen, noch einen silbernen und goldenen Sonntag! Also zwei Sonntage vor Weihnachten, die man zusätzlich für Besorgungen nutzen konnte. Das machte es aber für die berufstätigen Mütter auch nicht einfacher!

Die Wohnung meiner Eltern befand sich im 4. Stockwerk ohne Aufzug. Alle Einkäufe mussten also hinaufgeschleppt werden. Geheizt wurde mit Koks und auch der musste täglich mit einem Kübel vom Keller geholt werden. Eigentlich, aus heutiger Sicht betrachtet, war alles viel beschwerlicher. Nein, ich möchte nicht mehr tauschen mit den Fünfziger-Jahren. Ich bin heute, im Hier und Jetzt, sehr zufrieden. Selbst wenn Weihnachten ein bisschen an Zauber verloren hat. Es ist schon komisch: Vieles ist durch die Technik und Mobilität einfacher geworden und trotzdem ist die Zeit hektischer geworden (außer es ist gerade Lockdown).

Aber Weihnachten findet innen drinnen statt. Damals im Stall von Bethlehem, heute in unseren Wohnungen, aber vor allem in uns! Mein Vater öffnete noch mit 75 Jahren täglich ein Türchen von seinem Adventkalender und bewahrte sich so den Zauber der Vorweihnachtszeit bis ins hohe Alter. Ist es nicht egal was rundherum alles abläuft, solange in uns Weihnachten ist?