Wenn das Leben in der Schwebe ist

laura zypresse

by laura zypresse

Story

Ich bin das Dazwischen.

Du hÀngst zwischen zwei Punkten: Verborgen das Woher, verborgen das Wohin.

Die Enden deines Seils sind lose.

Doch hÀngst du nicht in der Leere, du hÀngst im Dazwischen.

Ich bin das Paradox. Oben ist

unten, unten ist oben. Vorbei liegt

noch vor dir, wird ist gewesen.

Stille ist FĂŒlle. Du verstehst.

Du bist im Sowohl-Als-Auch.

In der Gleichzeitigkeit und

GleichgĂŒltigkeit, denn alles gilt gleich viel.

Dort, wo keine Entscheidung gefÀllt,

sondern Vertrauen gelehrt wird.

Dein Tanz auf dem Seil beginnt hier und jetzt.


Mein erstes Lachen hier, bin Weltmeisterin im Runterfallen. Doch augenblicklich kehrt es sich um ins Gegenteil und ich schluchze. Die Erinnerung schlĂ€gt ĂŒber mir zusammen:

April ist the cruellest month. Or was it June, August maybe?

Jene Zeit im Chaos: Wenn kein Ort dich ruft.

Wenn alle Gewissheiten dir zwischen den Fingern zerrinnen.

Wenn du schuftest und schaffst doch kein Fundament.

Wenn du nicht weißt, an welchem Ende das KnĂ€uel zu entwirren ist.

Wenn du dennoch wieder Zutrauen ins Leben fasst.

Wenn dann aber eines lauen Samstagabends – am Himmel kreist ein Roter Milan – der Anruf kommt: “Sie hat sich umgebracht.“ Und die Tischkante dir ins Fleisch schneidet.

Und wenn

dann – irgendwann –

der Satz in dir keimt

Wenn das Leben in der Schwebe ist –

Dann bist du gerettet.


Danke. Du hast mir den Satz zurĂŒckgebracht. Er trĂ€gt. Weil er wahr ist.

Und das Seil wird fester, nicht?

© laura zypresse 2025-03-22

Genres
Novels & Stories
Moods
Herausfordernd, Dunkel, Hoffnungsvoll, Reflektierend
Hashtags