by Moonheart
Es war Sommer, und wir waren gerade nach Frankreich zu meiner Tante gereist. Die Tage waren warm und unbeschwert, doch an einem Abend Ă€nderte sich plötzlich etwas. Eine Nachricht von meiner alten Klassenkameradin aus der Schulzeit tauchte auf. âJ. hat nach deiner Nummer gefragtâ, schrieb sie. âSoll ich sie ihm geben?â
Ich zögerte nur kurz und antwortete: âMach ruhig.â Wenig spĂ€ter vibrierte mein Handy. Eine Nachricht von J. â auf WhatsApp. Der Junge, der mir einst so viel Schmerz bereitet hatte, meldete sich plötzlich wieder.
Nach einigem Smalltalk brach J. plötzlich das Thema an, das all die Jahre zwischen uns stand. Seine Worte ĂŒberraschten mich, aber sie riefen auch all den Schmerz zurĂŒck, den ich versucht hatte zu vergessen. Er gestand, dass er mich immer noch liebte â und damals schon geliebt hatte. Doch er erklĂ€rte, warum er sich nie mit mir getroffen hatte: âIch war unzufrieden mit mir selbstâ, sagte er. âEs war leichter, es so aussehen zu lassen, als wĂ€rst du das Problem.â
Als ich diese Worte las, konnte ich die TrĂ€nen nicht mehr zurĂŒckhalten. Sie kamen wie ein Wasserstrahl, unaufhaltsam und heftig. All die Jahre hatte ich geglaubt, dass ich nicht genug gewesen sei, dass etwas mit mir nicht stimmte. Und jetzt erfuhr ich, dass es seine Unsicherheiten waren, die zwischen uns gestanden hatten.
Er sprach von seinen Problemen mit seinem Aussehen, von dem GefĂŒhl, nicht gut genug zu sein. âIch konnte mich dir nicht öffnenâ, schrieb er, âweil du mit Ă€lteren MĂ€nnern gesprochen hast â mit breiten Schultern und Bartwuchs, die all das hatten, was ich nicht war.â
Sein Trost war die SchwĂ€gerin seines Cousins. âIch habe sie damals nur gesucht, weil ich mich so allein fĂŒhlte. Es war nie geplant, dass wir uns nĂ€herkommen.â Doch nun, so sagte er, könne er sich nicht mehr von ihr trennen. âIch habe ihre Unschuld genommenâ, fĂŒgte er hinzu, als wĂ€re das ein endgĂŒltiges Band, das ihn an sie kettete.
Seine Worte waren eine Mischung aus Reue, Schuld und Rechtfertigung. Doch in mir hinterlieĂen sie ein schmerzhaftes Echo. Die Erkenntnis, dass er mich geliebt hatte, war bittersĂŒĂ â ein GefĂŒhl von Trost und noch gröĂerem Verlust zugleich. Denn obwohl er mich liebte, war alles zwischen uns bereits verloren.
© Moonheart 2025-01-24