by Nina Legler
Das Leuchten in Kinderaugen zaubert mir jedes Mal ein Lächeln ins Gesicht. Die kindliche Neugier, die Faszination von allem Neuen, ihnen unbekanntem. Doch mit der Zeit verschwindet dieses Leuchten. Ein Leuchten, das von Unerfahrenheit, Unschuld und Unwissenheit zeugt. Ich habe das Leuchten in meinen Augen vor langer Zeit verloren. In Zeiten des Krieges, von Umweltkatastrophen, dem Klimawandel und einer weltweiten Pandemie ist es schwer, dieses Leuchten zu erhalten. Dem Gefühl zu vertrauen, dass alles wieder gut wird und die Menschen vernünftig werden und anfangen rational zu denken. Sie sich die Frage stellen, was die Welt vorantreibt, nicht wie man sie am besten zerstören kann.
Die Welt wirkt grau, nicht mehr so bunt, wie ich sie durch Kinderaugen sah. Die Farben scheinen zu verblassen, alles ist so bekannt, so gleich, aber auch nicht. Die Welt ist im Wandel und ich verändere mich mit ihr. Werde träge und habe gar keine Lust mehr mich mit Politik zu beschäftigen, obwohl ich eigentlich mal so viel Spaß daran hatte. Spaß daran, darüber nachzudenken, wie man das gesellschaftliche Leben gestalten kann, sodass ein harmonisches Miteinander gewährleistet ist. Doch von einem harmonischen Miteinander scheinen wir weit entfernt. Den Nachrichten folge ich nur noch mit halbem Ohr, die Informationen verschwimmen in meinem Gehirn zu Brei, ich weiß gar nicht mehr, was ich noch glauben kann und was nicht. Mittlerweile bin ich auch von nichts mehr schockiert. Wenn mir jemand erzählen würde, dass auf Deutschland eine Atombombe zusteuert, würde ich es glauben. So dumm es auch klingen mag, ich besitze eine gute Medienkompetenz und habe ein Gefühl dafür entwickelt, was wahr und was falsch ist, aber mittlerweile bin ich mir bei nichts mehr hundert Prozent sicher. Denn auch wenn die Chance so gering ist, dass man sie noch nicht einmal in Zahlen ausdrücken kann, sich die Situation nicht vorstellen kann, besteht auch die geringe Chance, dass es sich bewahrheitet. Dass irgendein Machthaber auf diese Idee kommt. Wie gesagt, ich wäre von nichts mehr schockiert. Ich bin noch so jung und habe jetzt schon das Gefühl, dass mir nicht mehr viel Zeit bleibt, dass wir die Welt schneller zerstören, als dass man sein Leben bis ins tiefe Alter genießen könnte. Und da sind diese naiven Kinderaugen, und ich frage mich, wie lange es noch anhält, bis auch das letzte Leuchten bei diesem Kind erlischt. Ihm die Hürden und Herausforderungen bewusst werden, die es im Leben meistern muss. Ihm bewusst wird, was für eine Last auf ihm liegt. Es hoffen muss, dass auch es noch eine Chance hat, alt zu werden und eine Familie in diese Welt zu setzen. Man kann nur hoffen, dass die nächsten Generationen sich für das einsetzten, was die davor verpasst und an sich vorbeiziehen lassen haben. Auch ich könnte mehr tun, aber ich bin erschöpft. Erschöpft von dem Gewicht, das auf mir lastet.
© Nina Legler 2022-04-23