by Caroline
Eigentlich fehlen mir die Worte, um unsere Beziehung zu beschreiben. Mutter & Tochter. Wahrscheinlich die engste Verbindung, die man sich in diesem Leben aussuchen kann. Erst einmal unabhängig vom Geschlecht gemeint. Wir haben uns einen Körper geteilt – den Deinen. Waren in absoluter Symbiose verbunden – ĂĽber Monate. Haben unsere Leben zusammen gelegt, unsere Prägungen geprägt – vor der Geburt. Und wohl so mache Zeit danach. Ich wĂĽrde fast sagen, ein Leben lang. Bleibt man doch stets das Kind seiner Eltern. Die Tochter. Die Mutter. FĂĽr einander.
Und jetzt, an deinem 70. Geburtstag, ist es ein wunderbarer Moment innezuhalten. Zu lauschen. Zu staunen. Mit groĂźer Dankbarkeit zu schauen, welches gemeinsame Leben sich da verwirklicht hat und es frisch und lebendig weiter tut.
Tagsüber im Dreimäderlhaus – auch meine Schwester war mit dabei – verbrachte ich meine wunderbaren ersten sieben Jahre. Ein Stück weit ernster wurde es mit Schulbeginn, doch auch da flogen noch die unbedarften, lustigen Fetzen. Auch wenn ich in der rhythmischen Gymnastik (gottseidank) das Handtuch schmiss. Mit dem akademischen Gymnasium und einer professionellen Tanzausbildung wurde der Alltag dicht, unsere Gespräche am Mittagstisch verschoben sich in den Abend und doch: Die bliebst stets das offene Ohr und noch viel mehr an meiner Seite. Schirmtest mich ab von unnötiger Arbeit und hättest bestimmt eine Taxi-Lizenz bekommen, so oft und schnell führtest du mich zwischen meinen Stationen, Trainings, Auftritten oder Nachmittagseinheiten hin und her. Mein Dank dafür kommt dem europäischen Straßennetz gleich.
Doch nicht nur physisch galt mir und uns all deine Unterstützung und Inspiration. Zu aller erst, „um deine Kinder zu verstehen“, hast du dir zuerst die Astrologie erschlossen. Bist zur Meisterin deines Faches geworden. Ich glaube, da haben sich Form und Inhalt einfach finden müssen. Deine Achtsamkeit, dein weiter Geist, deine unglaubliche Anbindung und dein großartiger Wissensschatz – welch Geschenk, dass ich dabei sein durfte und darf. Welch Freude, mit dir zu diskutieren, zu spintisieren und den großen Fragen der Menschheit, der Zeit, des Kosmos nachzuspüren.
42 Jahre teilen wir auf diesem Planeten. Ich weiĂź nicht, wie es dir ergeht, doch es scheint mir eine Ewigkeit. Und ein Wimpernschlag zugleich. So vertraut sind wir. So ahnen wir, wie es der anderen geht. So schwer die Abgrenzung manchmal fällt, so unvergleichlich ist die Verbundenheit. Und suchen wir – die meisten – sie nicht, diese Verbundenheit? Dieses Einssein im Leben. Dieses Aufgehen in etwas Größerem als wir selbst. Es gibt so manche Möglichkeit, diese Einheitserfahrungen zu erleben. Lasst mich sagen, die Mutterliebe kommt dieser Sehnsucht schon sehr nahe. FĂĽr mich ist es so. Eine bedingungslose Liebe. Ein Dasein. Mutter und Tochter, jede fĂĽr sich, in die Unabhängigkeit, Eigenständigkeit, Eigenermächtigung entwachsen. Erwachsen. Frei. Und doch stets verbunden. Das ganze Leben lang. Und weit darĂĽber hinaus.
© Caroline 2023-06-24