Eine der häufigsten Fragen, die Bekannte in meinem Umfeld mir stellen, ist diese: Wieso bist du denn spirituell? Du bist doch viel zu jung dafür, oder nicht? Was mich direkt an eine der nervtötensten Fragen aus jungen Jahren erinnert, als ich verlauten ließ, ich wolle meiner Noten zum Trotz jetzt Schauspielerin werden und auf den Brettern stehen, die die Welt bedeuten. Wieso denn nur- mit deinen Noten und dem Abitur könntest du doch alles werden! Stimmt. Könnte ich. Wollte ich aber nicht. Ich fühlte mich oft angegriffen, ja regelrecht missverstanden. Wie konnte man mir so eine Frage stellen? Glaubten die Leute etwa nicht an mich? Sahen sie nicht das, was ich sah- ein großes, glückliches Leben im Rampenlicht? Ich fühlte mich gewissermaßen verurteilt und herabgesetzt. Heute nach mehr als 10 Jahren als Schauspielerin kümmert mich diese Frage wenig. Ich habe verstanden, dass meine Bekannten nur fragten, weil ihnen dieser Wunsch Angst machte, weil sie ihn nicht verstanden haben und sich in völlig anderen Welten mit anderen Horizonten bewegten. Die Frage hatte nichts mit mir und meinem künstlerischen Talent zu tun, sondern viel mehr mit deren eigenen Grenzen und der Angst vor dem Unbekannten.
Genauso verhält es sich wohl auch mit der Frage nach erwachender oder wachsender Spiritualität. Die bloße Bedeutung des Begriffes, die nicht so eben in einem Satz erklärt werden kann, macht der Mehrheit immer noch Angst- eben, weil sie wohl nicht in einem Satz erklärt werden kann. Manche vermuten eine eigensinnige Form von Religion, wieder andere überehrgeizige Yogapraktizierende und Möchtegern-Weltverbesserer- Hippies, die singen und Kräutertee trinken, andere wiederrum tun das ganze gerne als New Age Hype und seichte Esoterik oder ähnliches ab. Und irgendwo haben all diese Menschen auch sicherlich recht. In diesem Buch soll es aber nicht um die Klärung des Wortes Spiritualität gehen. Vielmehr möchte ich meinen ganz persönlichen Weg zur Spiritualität erzählen. Möchte denen, die meine Zeilen lesen, Mut machen, sie bestärken, sie inspirieren und ihnen vielleicht den einen oder anderen Schubs in eine völlig neue Denkrichtung und Perspektive geben.
Dass dieses Buch irgendwann geschrieben werden musste, war mir ziemlich zeitig klar, denn ich hatte schnell das Gefühl, dass ich anderen Menschen, die ähnliches erleben oder erlebt haben wie ich, damit vielleicht Halt geben kann. Doch wie bereits erwähnt, bin ich Schauspielerin und keine Autorin- wie schreibt man also ein Buch? Ganz einfach: Man klappt den Laptop auf, fährt ihn hoch und fängt an zu schreiben. Eine einfache Kette kausaler Aneinanderreihungen. Vorgänge, würden wir auf der Bühne sagen. Handlungen gewissermaßen, die einer klaren Absicht (Intention) folgen – dem Wunsch, ein Buch zu schreiben. Und schon sind wir mitten drin in der Spiritualität.
Das ist doch nicht spirituell! werden einige von euch jetzt sicher denken- sie hat einfach ein Vorhaben in die Tat umgesetzt. Richtig. Ich habe gemacht. Meiner Intention nach einem Buch folgend, habe ich angefangen zu schreiben. Darum geht es oft: Einfach machen.
© Lydia Fischer 2023-06-09