by Ryhane Nuri
“Warum bist du so still?”, fragen sie mich. “Warum sagst du nichts?” Ein Lächeln umspielt meine Lippen, und ich denke: „Bitte nicht schon wieder diese Frage“, aber ich antworte gelassen. „Warum sollte ich reden?“, entgegne ich mit einer Gegenfrage. Keine Antwort. Ich spreche weiter:
Die Leute denken doch sowieso, was sie wollen. Warum sollte ich mich anstrengen? Warum sollte ich mir diese unnötige Mühe machen, mit ihnen zu reden, wenn sie am Ende sowieso nur das aus meinen Worten herausziehen, was sie wollen? Es ist schon lange her, dass die Menschen aus meinen Gesprächen und meinem Verhalten wirklich das mitgenommen haben, was ich ihnen eigentlich vermitteln wollte.
Das Problem ist, dass die Menschen heutzutage viel zu beschäftigt sind, um wirklich zu verstehen, was jemand sagt. Heutzutage gibt es eine unsichtbare Mauer zwischen uns Menschen – in unseren Worten, in unserem Verhalten. Wir erreichen einander nicht mehr. Je mehr wir uns mit uns selbst beschäftigen, desto stärker wird diese Mauer. Die Leute sagen, ich spreche nicht, aber sie hören mich nicht durch diese Wand.
Ich habe es satt, mich ständig den anderen beweisen zu müssen – ihnen zu zeigen, wer ich wirklich bin, was ich denke, was ich fühle. Denn Reden ist heutzutage wie ein einseitiges Gespräch mit einer Wand – einer Mauer, die nichts von außen aufnimmt und nur ihre eigenen Dinge zurückwerfen will. Ich dachte, wir Menschen hätten Gefühle.
Die Leute haben mich nie verstanden. Aber ich habe es versucht, wirklich. Doch das Ergebnis unserer Gespräche war immer dasselbe: Ich ging mit leeren Händen nach Hause und dachte: Bitte, hört mir wirklich zu! Nicht nur zuhören, sondern versuchen zu verstehen. Kann es nicht jemanden geben, der auch meine Sprache versteht? Und am Ende fragen sie mich, warum ich nicht rede.
Aber in Wirklichkeit spreche ich. Ich rede mit den Menschen, indem ich sie schweigend anschaue. Die Leute denken, ich schweige nur, aber sie wissen nicht, dass in diesem Schweigen viel mehr steckt.
Wenn mir jemand in die Augen schaut, wirklich hineinschaut, wird er mich hören. Aber niemand schaut wirklich hin. Niemand versucht, mich zu hören. Das ist das Problem. Ich rede nicht mehr mit jemandem, der mich nicht hören kann.
Das Unverständnis hat meine Stimme gestohlen. Ich bin geblieben mit dem Wunsch, verstanden zu werden, aber meine Stimme hat aufgegeben. Der Glaube, dass die Menschen mir helfen könnten, ist verschwunden. Und das schon lange. Glaubt nicht, ich hätte nicht gesprochen.
© Ryhane Nuri 2024-09-24