„Und? Wer zahlt?“ Empört schaut die Bäuerin dem Kunden, der zwei Bund Ahorn auf seinen Anhänger geworfen hat und gleich wieder davon gebraust ist, hinterher.. Sie selber zahlt ihre Bäume immer prompt.. „Zahlen macht Frieden“, heißt die Devise und sie ist nicht verkehrt, auch in Zeiten wie diesen, wo Jugendliche im Internet mit ihren Schulden prahlen. .„Keine Angst, den kenne ich. Ich schreibe es auf seinen Lieferschein“, beruhige ich sie.
„Ich habe heute nicht so viel Geld dabei. Den Rest zahle ich nächstes Mal. Ich komme sicher diese Woche noch einmal, ich zeige Ihnen meinen Führerschein.“ Ich kann zwar den Namen auf dem Kärtchen nicht entziffern ohne Brille, aber das tut nichts zur Sache. Diesen Mann merke ich mir, der ist so unverwechselbar und er kommt außerdem aus dem Dorf, in dem mein Neffe wohnt. Der entkommt mir nicht! In dieser Woche ist er zwar nicht mehr erschienen, aber drei Wochen später hat er den Restbetrag bezahlt. Damals, es war zu Corona-Zeiten, war ich felsenfest davon überzeugt, dass er in Quarantäne gewesen ist. Inzwischen weiß ich, dass er es mit der Zahlung oft nicht so eilig hat. Irgendwann zahlt er allerdings immer.
„Fred! Dieser Herr B. hatte schon wieder Probleme mit der Zahlung. Ich habe ihm schon drei Mal die Rechnung geschickt!“. „Gib es auf, der will halt nicht zahlen. Es ist ja eh nicht viel“, meint der Held meines Lebens und meiner Geschichten. Aber das ist ungerecht! Wie kommen die anderen dazu, die Kosten für dessen Bäumchen mitzutragen. Natürlich weiß ich, dass es naiv ist, vom Leben Gerechtigkeit zu erwarten. Einmal probiere ich es noch! Und – ich habe Glück! Dieses Mal geht auf unserem Konto die Zahlung ein.
Wir sitzen beim Mittagessen. Da tritt ein großgewachsener Bauer ein. „Bäume!“, sagt er statt eines Grußes. Er ist kein Mann der großen Worte. Normalerweise würde ich mich über einen solchen Mangel an Höflichkeit ärgern, und ein bisschen tue ich das auch jetzt. Aber ich habe schon auf ihn gewartet, ich weiß, dass er einer der ersten Kunden in der Saison ist. „Gut, dass du da bist“, sage ich zu ihm ,„Dein Lieferschein vom Herbst ist noch offen. Hast du das Geld dabei?“ Der vergisst regelmäßig aufs Zahlen, nicht absichtlich, aber er hat einfach keine Zeit dazu…
Im Grunde bin ich sehr zufrieden mit der Zahlungsmoral meiner Kunden. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass ich immer wieder darauf hinweise, dass nur bezahlte Pflanzen anwachsen. Im Umkehrschluss ist es allerdings nicht so, dass es reicht, die Gehölze zu bezahlen, damit sie gut anwachsen. Da gibt es unzählige Faktoren, wobei nicht alle in unserer Hand liegen. Und manches ist uns so selbstverständlich, dass wir gar nicht damit rechnen, dass ein Kunde so mit lebenden Pflanzen umgehen kann.
© Christine Amon 2024-04-07