Ich kann mich gut an den Zirkus Karl Rebernigg erinnern, der 1972 an Elfi Althoff-Jacobi verkauft und zum Österreichischen National-Zirkus wurde. Die Rebernigg-Zirkus-Kinder nahmen damals an unserer Schule am Unterricht teil. Wir freuten uns über diese lustigen Kinder und baten die kleinen Artisten um Vorführungen. Erstaunlich, wie beweglich sie waren und wie gut sie mit unseren Turngeräten umgehen konnten.
Später lernte ich nicht nur Elfi Althoff-Jacobi, die mit einem Cadillac unterwegs war, persönlich kennen, sondern auch Louis Knie sen. und jun., weil sie meinem Mann oft Heu abkauften und sich eine Art Freundschaft entwickelte. Ein Zirkus hat hinsichtlich der Tierhaltung ähnliche Aufgaben wie ein Bauer.
Mein Vater und ich liebten das Zirkusleben und schauten uns jeden Zirkus an. Früher waren alle erdenklichen Raubtiere und sogar Elefanten im Zirkus. Viele Artisten arbeiteten auf höchstem Niveau und es spielte ein Live-Orchester.
Am Anfang des Programms waren in der Manege Schutzgitter aufgestellt und die Korridore aufgerichtet, in denen die verschiedenen Raubtiere in die Manege geführt wurden. Die Tiere wurden vor der Vorführung immer gefüttert, damit sie ruhig blieben. Nach der Pause wurden die Schutzgitter für den zweiten Teil des Programms entfernt.
Einmal war mein Vater nicht zu Hause, als ein Zirkus da war. Meine Mutter wollte ich nicht um Geld bitten, deshalb machte ich mich ohne Geld auf den Weg zum Zirkus. Ich traf viele Bekannte, doch niemand dachte, dass ich ohne Geld unterwegs war. Niemand lud mich ein und ich traute mich nicht zu betteln. Nach Hause gehen wollte ich auch nicht.
Mir fiel ein, dass ich mich zum Hintereingang stellen und den Einzug der Tiere und Artisten in den Zirkus beobachten könnte – sozusagen backstage. Obwohl ich kein Programmheft hatte, konnte ich so die Reihenfolge genauestens mitverfolgen. Es war sehr interessant, wie die Raubtiere in die Korridore getrieben wurden, darin warteten und rundherum schauten, ob es eine Öffnung gab, durch die sie entweichen könnten.
Die harmloseren Tiere wurden vor dem Hintereingang vorbereitet und startklar gemacht. Die Künstler wärmten sich hinter dem Zelt auf und machten einige Turnübungen. Die Artisten und Pferde wurden schön mit Blumen geschmückt und man wünschte ihnen viel Glück für den Auftritt. Die Clowns richteten sich ihre Utensilien her und zogen ihre verschiedenen Kleidungsstücke übereinander an. Die Tiere stürmten nach der Vorführung ins Freie hinaus, wo sie vom Zirkuspersonal rasch eingefangen wurden. So wurde mein Zirkusbesuch auch ohne Eintrittskarte ein Erlebnis.
Sobald das Programm am letzten Tag beendet war, wurde mit dem Zeltabbau begonnen. Da das meistens in der Nacht war, bediente sich der Chef für seine Kommandos einer lauten Trillerpfeife. Innerhalb kürzester Zeit fuhr ein Zirkuswagen nach dem anderen voll beladen fort und der Platz war wieder leer.
© Elisabeth Hechenbichler, geborene Hetzenauer 2022-10-28