by Eva Filice
Der Titel einer Posse von Johann Nestroy kam mit in den Sinn, als ich Venedig von oben betrachtete. Ich fühlte mich reich beschenkt durch diese Vogelperspektive auf die Lagunenstadt. Allerdings hat das Theaterstück des österreichischen Dramatikers und Schauspielers keinen Bezug zu Venedig. Es handelt von den “Launen des Glücks”, wie es im Untertitel heißt. Ein Spekulant verliert sein Vermögen und muss in die ärmliche Wohnung eines “armen Schluckers”, der “zu ebener Erd” (im Erdgeschoß) wohnt, übersiedeln. Der einfache Mann kommt zu Geld und steigt in die Beletage im ersten Stock auf.
Orte aus der Höhe zu betrachten, ist eine Leidenschaft von mir. In jeder Stadt klettere ich gerne viele Stiegen in Kirchtürmen nach oben, um von dort einen Gesamtblick über die Stadt zu erhalten. So brachte ich auch in Erfahrung, wo diese Drübersicht bzw. Übersicht in Venedig möglich wäre.
Gleich am ersten Tag konnten wir vom Belvedere der Scala Contarini del Bovolo eine Rundumsicht über Venedig erleben. Mein Blick schweifte über die Dächer von Venedig, und ich versuchte anhand der vielen Kirchtürme zu erkennen, welcher Kirche die Türme zuzuordnen wären. Am nächsten Tag besuchten wir die Basilica San Marco. Im Rahmen der Gesamtbesichtigung konnte ich endlich zum ersten Mal von der Loggia der Basilica den Blick auf die Piazza San Marco genießen. Der trapezförmige Platz breitete sich vor uns in seiner Pracht und Größe aus. Durch die wenigen Besucher, die sich am späten Nachmittag auf der Piazza aufhielten, kam die Schönheit dieses architektonischen Juwels noch wirkungsvoller zum Ausdruck. Das Besondere auf der Loggia ist die einst von Napoleon entwendete Quadriga, das Original konnten wir im Museum der Kirche bewundern. Gerne wäre ich auch auf den Campanile gestiegen oder mit dem Aufzug in die Höhe gefahren, doch dieser Blick von oben wird den Besucher:innen erst ab März gewährt.
An einem weiteren Tag gelang es mir, eine Gratis-Reservierung für die Terrasse des Fondaco dei Tedeschi zu erlangen. Der Palazzo beherbergt aktuell ein Nobelkaufhaus, war vorher ein Postgebäude und ursprünglich das Handelshaus der Deutschen in Venedig. Die Aufenthaltsdauer auf der Terrasse ist für eine Viertelstunde vorgesehen. Der Blick auf den Canal Grande oberhalb der Ponte di Rialto ist beeindruckend. Der sonnige Tag und der blaue Himmel verstärkten die wunderschöne Aussicht zu beiden Seiten der Rialtobrücke, da genau in dieser Position die Biegung des Kanals die Sicht auf das Treiben auf dem Canale Grande freigibt.
Der Torre dell’ Orologio am Markusplatz kann nur mit Führung bei vorheriger Reservierung besichtigt werden. Hier bietet sich ein Ausblick auf die spektakuläre Architektur der Piazza di San Marco. Den Campanile vor Augen, die Kuppeln des Markusdoms zum Greifen nah und der Markusplatz in seiner Einmaligkeit wirkt hier besonders elegant. Das besondere Uhrwerk kann besichtigt werden.
Welcher Blick von oben ist der Schönste? Jeder Aussichtspunkt bezauberte mich mit unterschiedlichsten Details. Die sonnigen Tage ermöglichten klare Blicke. Wunderschön!
© Eva Filice 2025-02-27