by Figaro
Wie neu geht neu?
Neumonde waren früher nie wichtig für mich. Seit NYEPI in Bali, das immer im Frühling am Tag nach Neumond zur Tag-Nachtgleiche stattfindet, verstehe ich die Kraft des Neumondes und weiß sie zu schätzen. Danach beginnt dort das neue Jahr. Diese Nacht ist geprägt von Stille, Enthaltsamkeit, Entsagen, Reduktion, zurück zu sich. Neumond ist Erneuerung. Und das Großartige ist, wir haben ihn jedes Monat. Kostenlos und überall verfügbar. Und wenn man bereit ist, kann man zugreifen. Mit dem Blick nach Innen beginnt er. Erwacht er. Ich liebe diese Kraft der Natur, unseres Universums.
Ich gehe im Regen zu dem Neubau. Dort wohnt sie. Geschützt von Opas gelbem Regenmantel, bevor ich in die Karten von Madame S. blicken werde. Ich rauche eine letzte Zigarette und denke daran, was ich wissen möchte. Wo fehlt mir Klarheit?
Am Tisch stehen Kerzen und Debussy klimpert aus dem Laptop. Rotwein und Cracker. Wir machen mehrere Legevarianten mit zwei Kartensets. Eine halbe Flasche französischen Rotwein und eine halbe Pkg.Zigaretten später, habe ich meine Antworten. Ich bin zufrieden aber mein Schädel raucht. Es reicht. Zuviele Einblicke in eventuelle Geschehnisse oder Begebenheiten können auch verwirren. Zeit für einen nächtlichen Regenspaziergang. Dem kommenden Neumond steht nichts mehr im Wege.
Zwölf Stunden später geht’s richtig los. Zuwenig Schlaf und Neumond seit 6 Stunden. Die Clearing Session mit Elisa startet. Den alten Mist habe ich schon feinsäuberlich in den letzten Monaten zusammengepackt. Gründlich aussortiert und dabei am Boden und an der Decke fündig geworden. Jetzt steige ich in eine Rakete ins Unbekannte, Vergessene, Verlorene tief drinnen. Mut und Vertrauen im Gepäck. Die Rakete bewegt sich ganz langsam und sachte. Es wird heller und ruhiger. Immer wieder darf sich links oder rechts etwas vom unnötigen Ballast lösen und abfallen. Einmal noch hinschauen, danke und wir winken zum Goodbye. Eine allumfassende und tiefe Ruhe lässt mich einschlafen. Irgendwann klappert mein Hund mit seinen langen Krallen über den Parkettboden und ich setze mit meiner Rakete zur Landung. Erheblich leichter. Eigentlich spüre ich gar kein Gewicht mehr in diesem Moment. Nur Zufriedenheit und Zuversicht.
Da ich vielleicht nicht immer zufrieden sein werde, konzentriere ich mich auf die Zuversicht. Die behalte ich mir jetzt. Da gibt‘s wenig Ausreden. Selbst wenn mal der Karren im Mist steckenbleibt, wird die Zuversicht nicht daran ersticken.
8 Stunden lang bewege ich mich nur vom Sofa zum Kühlschrank. Schlaf, Nahrung und kuscheln mit Mr.Klimper. Nach Mitternacht erweckt mich Kaffee mit dem Geräusch von Regen. Mein Körper will sich bewegen, denn er ist ein Stückchen Neu geworden. Kein Club hat offen, what shells tanzen zu guter Musik kann ich auch zu Hause. Workout und Qigong inklusive. Was für eine Mischung. Was für eine Nacht. Was für ein Erwachen. Was für ein Neumond.
Was ist noch möglich?
Vielleicht mehr als man denkt.
© Figaro 2020-06-22