Neues Leben in Guggenthal
Bevor die Mutter sich verabschiedete, versprach sie ihm bald wiederzusehen. In den nächsten Wochen und Monate kam sie auch regelmäßig zu Besuch und sie wanderten jedes Mal die gleiche Strecke in die Stadt Salzburg und wieder zurück auf das Land. Mittlerweile hat sich Pe schon an die neuen Lebensgewohnheiten auf dem Land ein gewohnt und spielte fast jeden Tag im Freien und im Sommer meistens in einer Lederhose und ohne Schuhe mit anderen Waisenkinder. Er war glücklich über diese unerwartete Freiheit – war er doch seine ersten 5 Jahre rund um die Uhr in Itzling eingesperrt. Die Guggenthaler -Waisenkinder durften den Bach überqueren und im Wald spielen. Hier lernte er von den anderen verwaisten Kinder Laubbäume hochzuklettern, über große Felsen zu springen, oder Forellen mit den Händen zu jagen. Nach einigen Monaten lieb-gewonnener Freiheit fing für Pe der Ernst des Lebens, die Volksschule an. Seine leibl. Mutter schenkte Pe dafür eine große Schultüte, in der Schreibzeug, Mal-zeug, Lineal, aber auch einige Süßigkeiten beinhaltet waren. Die ältere Frau, die nun für Pe aufpasste wurde von den elternlosen Kindern mit “Mama” angesprochen, obwohl die Kinder natürlich wussten, dass das nicht ihre echte Mutter war. Sie ging mit noch zwei anderen Waisenkinder im selben Geburtsjahr, Adi und Daniel zur Grundschule, die nur weniger als 100 Meter von zu Hause entfernt war. In den nächsten Tagen wurden die Kinder frühmorgens von der Mama geweckt und nach Butterbrot und Malzkaffee selbstständig in die Schule geschickt. Wieder zu Hause mussten die Kinder einige Stunden das Schönschreiben üben. Waren die lästigen, freudlosen Hausaufgaben erledigt, stürmten Pe, Adi und Daniel in den Wald. Dort sammelten sie beispielsweise totes Holz und machten auf windgeschützten Stellen damit einfache Hütten, ohne dafür Nägeln und Hammer zu verwenden. Für die Waisenkinder machte die Volksschule keine Freude. Die Schule empfanden sie als ein Laster und sie entwickelten große Angst vor dem Lernen, da es mit der Möglichkeit einer körperlichen Strafe verbunden war. Weil Adi und Pe die Hausaufgaben oft vernachlässigten wurden die Beiden von der “Mama” angeschrien, geohrfeigt und nicht selten von der Steintreppe hinunter -gestoßen.
© Peter Siegfried Krug 2022-09-12