Corona hat mich stark gemacht
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Wenn dich Corona voll getroffen hat. Wenn es um deine Existenz geht. Wenn du nachts vor Sorgen nicht schlafen kannst. Wenn du nicht mehr weißt, wie du deine Arbeit und die Homeschooling-Betreuung unter einen Hut bringen sollst. Dann empfehle ich dir, hier nicht mehr weiterzulesen. Es könnte sein, dass du dich unverstanden fühlst.
Vor eineinhalb Jahren sah ich das erste Mal die Bilder von der abgeriegelten Stadt Wuhan. Die Bevölkerung einer ganzen Stadt wurde eingesperrt. “Das geht halt nur in Diktaturen!”, hab´ ich mir gedacht. Aber Gott sei Dank, alles weit weg. Ein paar Monate später sah ich die Bilder von den überfüllten Spitälern und den vielen Toten in Italien. Aber Gott sei Dank, auch noch weit genug weg. Vor einem Jahr wurden dann im benachbarten Tirol die ersten Coronafälle entdeckt. Eine Woche später wurde meine Schule geschlossen. Das ging ruck zuck und schien mir ein bisschen übertrieben. Ich habe damals das Ganze nicht so richtig ernst genommen. Corona hat die Welt aufs Zimmer geschickt um nachzudenken.
Im ersten Lockdown hatten wir unseren Fremdenverkehrsort ganz für uns alleine. Ich erinnere mich noch genau, wie ich mitten im Spazierengehen abrupt stehen blieb, weil irgendetwas nicht stimmte. Plötzlich fiel es mir auf. Es war still. Ich hörte zum ersten Mal diese absolute Stille.
Hie und da begegnete man einem Bekannten, erkundigte sich, wie es dem anderen gehe oder fragte, ob man beim Einkaufen helfen könne. Man hörte auch von Delphinen, die in der Bucht von Venedig gesichtet wurden und wie die Erde wieder langsam durchatmet.
Es kamen auch die ersten Verschwörungstheorien auf. China will mit dem Virus den Altersdurchschnitt senken und Bill Gates will mit seinen Chip-Implantaten noch mehr Geld machen und die Weltherrschaft übernehmen.
Die vielen Informationen haben mich schlecht schlafen lassen. Das alles zog mich runter. Damals beschloss ich etwas zu tun, um stärker aus der Corona-Krise herauszugehen, als ich hineingezogen wurde. Nur dass es so lange dauert, dachte ich nicht.
Ich überlegte mir folgenden Plan: Nur noch eine Nachrichtensendung täglich. Alle Corona-WhatsApps werden sofort gelöscht. Facebook wird konsequent ignoriert. Jeden Tag ein bis zwei Stunden raus in die Natur. Und zwar bei jedem Wetter. An meiner Persönlichkeitstentwicklung arbeiten und mindestens zwei neue Dinge lernen, die ich noch nicht kann. Zudem habe ich mir ein Jammerverbot verordnet.
Das mache ich seit einem Jahr. In dieser Zeit hat sich mein Blick von außen nach innen gerichtet. Das war eine super Entschleunigung. Die Adventzeit habe ich noch nie so still, besinnlich und entspannt erlebt. Nein-Sagen war kein Problem mehr. Ich habe Drum-Gitarre gelernt. Das wollte ich schon lange. Und ich habe das Eisbaden entdeckt. Eine sehr coole Sache.
Bald wird Corona keine Bedrohung mehr sein. Aber ich bin sicher, die nächste Herausforderung klopft schon bald wieder an die Tür. Dann weiß ich: Ich schaffe das!
© Kurt Mikula 2021-03-16
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