Zauber der Piste
- 116

Wolfgang Ambros Skifahrerhymne hat sich in meinen Kopf eingenistet, ich möchte endlich Schifoan lernen. Gerti und ich, beide Flachlandtiroler, haben uns in den Anfängerkurs eingeschrieben.Wir brennen darauf, auf den Pisten rund um Mauterndorf im Lungau unsere Spuren zu hinterlassen. Meine Freundin nennt eine neue Skiausrüstung ihr Eigen, während ich mit den ältesten Brettln und klobigsten Skischuhen aus dem Skiverleih auskommen muss. Für mehr reicht es bei mir nicht, auch die Woche Skiurlaub habe ich mir im Sommer mit Arbeiten selbst finanziert.
Der einzige Skikurs während meiner Schulzeit hatte leider keine Früchte getragen.Unsere nur wenig engagierte Lehramtsstudentin flitzte lieber mit den Fortgeschrittenen die Abhänge hinunter und überließ uns Greenhorns unserem Schicksal auf dem Idiotenhügel.
Ein Skibus bringt uns zur Anfängerpiste, wir schultern unsere Skier und stapfen die kleine Anhöhe hinauf. Erstmals steht Schneepflug ohne Stöcke auf dem Programm. Ich gleite den Hang hinunter, sauge die klare Luft tief in meine Lungen, bewundere die schneebedeckten Berge im Kontrast zum blitzblauen Himmel. Bis Hans, unser junger Lehrer, mitten auf dem Hügel einen Halt einlegt. Die meisten Anfänger können noch rechtzeitig bremsen, doch eine junge Frau prescht plötzlich in die Reihe der Wartenden und alle plumpsen wie die Zinnsoldaten in den weichenSchnee. Ich höre noch, wie Hans neben mir raunt: "Wia a Kuah." Ich denke: "Wahrlich, kein Prince Charming."
Am frühen Nachmittag üben wir Slalomfahren und werden in zwei Gruppen eingeteilt. Ich lande in der besseren, Gerti und ich werden getrennt. So hab' ich mir den Skiurlaub aber nicht vorgestellt, ich möchte diese Woche mit meiner Freundin auf der Piste unterwegs sein und beschließe mich am nächsten Tag der schwächeren Gruppe anzuschließen.
Dort darf ich nun als Beste stets gleich nach Hans die Piste runterwedeln, nein, Spaß beiseite, im Schneepflug runtertrotten. Wir üben fleißig und bald schon bringt uns der Sessellift in luftigere Höhen, nur dass dort unter dem Schnee dicke Eisplatten lauern. Ich stürze so spektakulär, dass meine Beine samt den Skiern über meinem Kopf in einer Schneewechte stecken.
Start meiner Karriere als Schlangenmensch! Gerti hilft mir, mich aus meiner misslichen Lage zu befreien und schnallt ab. So einen Sturz möchte sie nicht riskieren. Ich beende aber meine Abfahrt auf Skiern, mich hat der Ehrgeiz gepackt.
Es ist der letzte Tag des Skikurses, habe das Skitaxi verpasst. Ich folge Hans über unberührte Pisten, wir gleiten durch den glitzernden Schnee Richtung Dorf.
Abrupt endet meine Fahrt. Ich bin mit zu wenig Schwung eine steile Senke hinuntergefahren und stecke nun im Tiefschnee fest. Hans kommt von der Anhöhe runter, hilft mir, meine Skier aus der weißen Pracht zu befreien. Spontan lädt er mich auf ein Après Ski im Dorfcafé ein. Ein paar Jagertee später lerne ich Hans' Schokoladenseite kennen. Wir tauschen verliebte Blicke aus.
© Silvia Peiker 2021-02-21
Kommentare
Jede*r Autor*in freut sich über Feedback! Registriere dich kostenlos,
um einen Kommentar zu hinterlassen.