»Vielleicht ⊠vielleicht gehört der Stein dorthin«, murmelte Brimor leise, seine Worte an die Tunnelwand gerichtet, als sprĂ€che er mit jemand anderem. Ein Funke Hoffnung flackerte in ihm auf, doch er wurde schnell von Zweifel ĂŒberschattet. Was, wenn er sich irrte?
Trotz seiner inneren Unsicherheit setzte er einen FuĂ vor den anderen, zog seinen schwerfĂ€lligen Körper nĂ€her an den Sockel heran. Jeder Schritt fĂŒhlte sich an wie ein Kampf gegen eine unsichtbare Kraft, die ihn zurĂŒckhalten wollte. SchlieĂlich stand er direkt vor dem Sockel. In seiner Mitte befand sich eine Einbuchtung, perfekt geformt, als wĂ€re sie genau fĂŒr den Kristall gemacht.
»Das muss es sein«, flĂŒsterte er, mehr zu sich selbst als zu den WĂ€nden um ihn herum. Zögernd hob er die Hand, doch seine Finger wollten sich nicht lösen. Sie blieben fest um den Kristall geschlossen, als hĂ€tte dieser Wurzeln in seiner Haut geschlagen.
»Komm schon«, knurrte Brimor durch zusammengebissene ZÀhne. Die Hitze war jetzt unertrÀglich, doch er ignorierte den Schmerz und zog mit aller Kraft an seinen eigenen Fingern. Mit einem letzten, verzweifelten Ruck löste sich seine Hand, und der Kristall fiel in die Einbuchtung des Sockels.
Kaum hatte der Stein den Sockel berĂŒhrt, begann er zu glĂŒhen, erst schwach, dann heller, bis der gesamte Raum in ein intensives Licht getaucht war. Brimor schirmte seine Augen mit dem Arm ab, als ein ohrenbetĂ€ubender Knall die Stille durchbrach. Eine Druckwelle schleuderte ihn gegen die Wand, wo er benommen liegen blieb.
FĂŒr einen Moment war absolute Stille. Dann erklang ein tiefes, rhythmisches Summen, das aus dem Sockel zu kommen schien. Brimor öffnete vorsichtig die Augen und blinzelte ins grelle Licht. Der Kristall war verschwunden. An seiner Stelle schwebte eine goldene Kugel, deren warmes Leuchten die Dunkelheit der Tunnel durchbrach. Der Raum fĂŒhlte sich plötzlich anders an â weniger beklemmend, fast einladend.
Brimor starrte auf die Kugel, unfĂ€hig, den Blick abzuwenden. »Was zurâŠ?«, begann er, doch seine Worte blieben ihm im Hals stecken, als das Licht zu flackern begann. Mit einem letzten, intensiven Strahlen formte es eine Gestalt: eine uralte Zwergenfrau mit einem langen, geflochtenen Bart und Augen, die wie flĂŒssiges Gold schimmerten.
Sie betrachtete Brimor mit einer Mischung aus Sanftmut und Ernst. Ihre Stimme, tief und voller AutoritĂ€t, erfĂŒllte den Raum. »Du hast etwas entfesselt, kleiner Zwerg. Nun musst du lernen, die Verantwortung dafĂŒr zu tragen.«
Brimor schluckte hart. »Ich wollte doch nur âŠÂ«, begann er, doch die Frau hob eine Hand, und er verstummte.
»Das Wollen ist oft weniger wichtig als das Tun«, sagte sie mit einem kleinen LÀcheln. »Aber keine Sorge, Brimor Schattenfels. Du hast das Zeug dazu, es zu schaffen.«
Und dann, mit einem letzten, strahlenden Aufblitzen, war sie verschwunden.
© Kreative-Schreibwelt 2025-02-28