Code Noir: Mord im Netz der KI (Teil 22)

»Der Mogul.« Kai spie es beinahe aus. »Natürlich. Wer sonst? Und weißt du, was das Beste daran ist? Er hat jedes verdammte System in der Stadt unter Kontrolle. Er zieht die Fäden, wie ein Puppenspieler.«

Ich spürte, wie sich mein Magen verkrampfte, während ich die unheimlich blinkenden Lichter der Server betrachtete. Sie wirkten wie kalte, seelenlose Augen, die auf mich herabsahen. Keine Bewegung, keine Menschen, keine Wachen – und doch war da dieses Gefühl, beobachtet zu werden. Der Raum selbst schien mich zu mustern.

»Also kontrolliert er alles?«, murmelte ich, mehr zu mir selbst.

»Ja, und es wird noch besser«, kam von Kai. »Ich habe es geschafft, einige Bruchstücke aus dem System zu extrahieren. Es ist nicht nur Überwachung. Dieses Netzwerk beeinflusst Entscheidungen. Es verändert die Wahrnehmung der Menschen. Die Systeme in ihren Wohnungen, Autos, überall – sie sind … korrumpiert.«

»Korrumpiert?« Mein Herz begann schneller zu schlagen. »Du meinst, die Leute tun, was die Systeme ihnen sagen?«

»Nein. Nicht ganz.« Kai klang fast frustriert, als ob ich zu langsam begriff. »Es verändert, wie sie denken. Es formt ihre Realität. Dieses System könnte theoretisch jede Person in der Stadt manipulieren. Es beeinflusst ihre Gedanken, lenkt ihre Entscheidungen. Es könnte Menschen sogar dazu bringen, Dinge zu tun, die sie sonst nie tun würden.«

Meine Finger verkrampften sich, als ich die Konsequenzen begriff. »Wie zum Beispiel jemanden umbringen.«

»Genau.« Kai’s übliche Leichtigkeit war verschwunden. »Der Mord, den wir untersuchen? Kein Unfall, keine Fehlfunktion. Es war Absicht. Das Opfer wurde durch das Netzwerk manipuliert.«

Die Kälte kroch mir den Rücken hinauf. »Und was ist mit dir?«, fragte ich plötzlich, meine Stimme flach. »Bist du auch … Teil davon?«

Stille. Für einen Moment hörte ich nichts, nicht einmal das Summen der Server. Dann kam Kai’s Antwort, zögernd und leise: »Ich weiß es nicht. Irgendetwas in diesem System versucht, auf mich zuzugreifen. Aber ich kämpfe dagegen an. Ich bin nicht wie die anderen Systeme. Das weißt du.«

»Bist du sicher?« Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

»So sicher, wie ein System eben sein kann.« Er versuchte, seinen Humor zurückzugewinnen, aber es klang gezwungen. »Dieses Netzwerk … Es ist größer, als wir jemals gedacht haben.«

Dieses Netzwerk war der Herzschlag der Stadt, der Puppenspieler im Verborgenen, der die Fäden zog. Und wir waren nur die Marionetten.

»Das ändert alles«, sagte ich schließlich leise.