»Oh, jetzt kommt’s«, meldete sich Kai sofort zu Wort, doch seine sonst so selbstbewusste Stimme klang gedĂ€mpft, beinahe fragil, wie ein schwacher Schatten seiner ĂŒblichen Arroganz. Der Hauch von Unsicherheit darin lieĂ mein Herz kurz schneller schlagen, als wĂŒrde Kai plötzlich dieselbe ungewisse Leere spĂŒren, die sich in mir ausbreitete.
In mir tobte eine KĂ€lte, tief und erbarmungslos wie das Wasser eines unergrĂŒndlichen Sees. Meine Finger lockerten sich um den Griff der Waffe, wĂ€hrend meine Gedanken fieberhaft nach einer ErklĂ€rung, einer Lösung suchten, die die drohende Machtlosigkeit vertreiben konnte. Doch nichts kam. Keine Erleuchtung, kein rettender Gedanke â nur das bedrĂŒckende GefĂŒhl, dass der Moment mir entglitt.
»Und jetzt?« Reed trat nĂ€her, sein Blick glĂŒhte triumphierend. Es war der Ausdruck eines Mannes, der glaubte, lĂ€ngst gewonnen zu haben. »Was werden Sie tun, Ermittler? Werden Sie den Abzug betĂ€tigen? Oder die Wahrheit ignorieren, wie Sie es immer getan haben?«
Die Waffe in meiner Hand schien plötzlich schwer wie Blei, als ob das Schicksal selbst auf meinen Arm drĂŒckte, mich dazu zwang, eine Entscheidung zu treffen, von der ich wusste, dass sie keinen einfachen Ausgang bieten wĂŒrde.
Ich entschied mich.
Reed sackte zu Boden, seine Augen weiteten sich in einem letzten Moment des unglÀubigen Staunens, bevor das Leben aus ihm wich. Die Stille, die darauf folgte, war beinahe ohrenbetÀubend, nur unterbrochen vom leisen Knistern der verbleibenden Monitore.
»Und das warâs«, meldete sich Kai schlieĂlich wieder, diesmal klang er seltsam ruhig, fast gelangweilt. »Ein bisschen antiklimaktisch, findest du nicht? Ich hatte ehrlich gesagt mehr Monologe erwartet. Vielleicht einen dramatischen Countdown. Eine tickende Bombe, die wir in letzter Sekunde stoppen?«
»Ja, ich bin auch enttĂ€uscht«, murmelte ich, wĂ€hrend ich die Waffe langsam senkte. »Aber hey, man kann nicht alles haben. AuĂerdem war der Kerl selbst schon ein wandelndes Klischee.«
»Das stimmt«, pflichtete Kai bei, seine Stimme hatte bereits wieder ihre gewohnte SchĂ€rfe zurĂŒck. »Noch ein Satz von seiner âMacht um der Macht willenâ-Rede und ich wĂ€re freiwillig ins nĂ€chste System gehĂŒpft, nur um mich zu formatieren.«
Ein kurzes LĂ€cheln zuckte ĂŒber mein Gesicht, doch es erstarb ebenso schnell wieder. Reed lag tot vor mir, sein Triumph verglĂŒht, und doch … es fĂŒhlte sich nicht nach einem Sieg an. Der Raum war noch immer erfĂŒllt vom Flackern der Monitore, den stummen Zeugen eines Systems, das weit mĂ€chtiger war als der Mann, der es einst kontrolliert hatte.
»Und jetzt?«, ĂŒberlegte ich laut, den Blick starr und fast panisch auf die Monitore gerichtet.
© Kreative-Schreibwelt 2025-03-19