»Keine Ahnung. Aber ich weiß, dass wir nichts mehr zu verlieren haben.« Meine Stimme klang hohl, doch die Entschlossenheit, die sich hinter den Worten verbarg, war spürbar.
»Das nenne ich optimistisch«, antwortete Kai. Ich konnte den Anklang von Sorge in seiner Stimme hören.
Ich ließ meinen Blick über die Monitore schweifen, bis ich schließlich das entdeckte, wonach ich die ganze Zeit gesucht hatte: die zentrale Schnittstelle, das pulsierende Herz des Netzwerks, von dem aus Reed seine unsichtbaren Fäden über die Stadt gespannt hatte. »Da haben wir es«, murmelte ich, während meine Finger über die holografischen Schaltflächen glitten, um die Zugriffsrechte zu überprüfen.
»Warte mal.« Kais Tonfall veränderte sich, der übliche sarkastische Unterton wich einer ernsten Schärfe. »Das sieht … verdammt kompliziert aus. Ich meine, richtig kompliziert. Bist du sicher, dass du das alleine machen willst?«
Ein bitteres Lächeln zog über mein Gesicht, als ich in die düsteren Reflexionen des Bildschirms starrte. »Ich mache das nicht alleine.« Ich sprach leise, fast wie für mich selbst. »Du bist doch hier, oder?«
»Oh, ich wusste gar nicht, dass du so an mir hängst«, sagte Kai, der Humor kehrte nur zögernd in seine Stimme zurück.
»Halt die Klappe, Kai.« Meine Worte kamen härter, als ich sie meinte, aber die Anspannung ließ mir keine andere Wahl.
Ich atmete tief durch, ein letztes Mal, als ob ich die Ruhe vor dem Sturm einfangen wollte, und legte dann die Hand auf die Steuerkonsole. Ein pulsierendes Summen erfüllte die Luft, als das System sofort seinen Widerstand spüren ließ – es kämpfte, wehrte sich gegen Eindringlinge wie mich. Aber ich war nicht allein. Mit Kais unvergleichlicher Rechenpower und seiner Fähigkeit, sich durch die tiefsten Schichten des Netzwerks zu wühlen, begannen wir langsam, das Herz dieses monströsen Kontrollsystems zu knacken.
»Sieh mal an«, sagte Kai plötzlich mit gespielter Leichtigkeit, als die letzten digitalen Barrieren vor uns zusammenbrachen und die finale Kontrolle freigegeben wurde. »Da ist ja doch tatsächlich ein roter Knopf.«
»Kein Witz«, murmelte ich, mein Finger schwebte bereits über dem Schalter. Und dann drückte ich ihn.
Für einen kurzen Augenblick flackerte das Licht, als wäre die Realität selbst aus dem Takt geraten. Ein grelles Zucken ging durch den Raum, gefolgt von einer tiefen, elektrischen Stille. Und draußen, in der Stadt, geschah es: Die unsichtbaren Fäden, die Reed gespannt hatte, begannen zu reißen, einer nach dem anderen. Sein Netzwerk, das so unerschütterlich gewirkt hatte, bröckelte wie ein Kartenhaus im Wind.
»Und das war’s jetzt tatsächlich?«, fragte Kai nach einer Weile. »Schade, ich hätte mehr erwartet. Eine Explosion oder so wäre doch super gewesen!«
© Kreative-Schreibwelt 2025-04-02