Die Sky-Residences wirkten wie eine völlig andere Welt. Hier oben, hoch ĂŒber dem Schmutz, dem LĂ€rm und dem Chaos der unteren Stadt, war alles makellos, als hĂ€tte jemand das Leben in eine sterile Werbewelt gezwungen. Die StraĂen waren gesĂ€umt von schicken autonomen Fahrzeugen, die lautlos dahinglitten, wĂ€hrend Menschen in DesigneranzĂŒgen ihre perfekt geformten Leben fĂŒhrten. Selbst der Regen schien sauberer. NatĂŒrlich, warum auch nicht? Die Eliten lieĂen ihren Regen durch Filter laufen, bevor er sie berĂŒhrte.
Ich sah nach oben zu den Glasfassaden der Wolkenkratzer, die sich wie Titanen in den Himmel erstreckten. In diesen glĂ€nzenden TĂŒrmen lebten die Reichen und MĂ€chtigen, weit weg von dem Elend unten. Hier oben war der Schmutz unsichtbar, aber das machte ihn nicht weniger real. Er war nur besser versteckt. Ich war mir sicher, dass die meisten dieser Leute nicht einmal wussten, wie es sich anfĂŒhlte, echten Dreck unter den FingernĂ€geln zu haben. Ihre HĂ€nde waren sauber, genauso wie ihre Gewissen.
»Willkommen im Paradies«, brummte ich trocken, wĂ€hrend ich durch die glĂ€sernen DrehtĂŒren des Sky-Residence-Turms trat. Der Boden unter meinen FĂŒĂen war so glatt, dass ich beinahe Angst hatte, auszurutschen. Selbst das GerĂ€usch meiner Schritte auf dem glĂ€nzenden Marmor schien fehl am Platz â als wĂ€re ich eine Störung in ihrer perfekten, sorgsam gepflegten Welt.
»Ach, das sind die Orte, wo sich Leute mit zu viel Geld und zu wenig Sinn fĂŒr RealitĂ€t aufhalten«, spottete Kai direkt in mein Ohr. »Du solltest sie mal um Tipps fĂŒr deinen Kleidungsstil bitten.«
Ich verzog keine Miene, ignorierte die Bemerkung und schaute mich in der riesigen Lobby um. Symmetrie wohin das Auge blickte. Jede Linie, jede Kante perfekt durchdacht. Nicht ein Staubkorn lag auf dem schwarzen Marmor. Selbst der Wachroboter, der mir entgegentrat, schien mehr wie ein Kunstwerk als eine Maschine â poliert, glĂ€nzend, und in makellosem Zustand, als wĂ€re er aus einer Sonderedition fĂŒr Sammler.
»Melden Sie sich bitte an«, ertönte die monotone Stimme des Roboters, als er vor mir stand. Seine Sensoren leuchteten kaltblau auf, und ich zog mein digitales Erkennungszeichen aus der Tasche. Der Scan dauerte nur einen Augenblick, das grĂŒne Licht blinkte auf, und der Roboter trat zurĂŒck. »Willkommen, Ermittler.« becherte der Roboter so höflich, wie es eine Maschine eben konnte.
»Zumindest wissen sie, wie man GĂ€ste behandelt«, schĂŒttelte ich den Kopf, wĂ€hrend ich auf den Aufzug zuging.
»Denkst du, die wissen, dass wir nur wegen der Leiche hier sind?«, Kai konnte es sich natĂŒrlich nicht verkneifen. »Ich meine, vielleicht ist das ihre Art zu sagen: ‚Schön, dass du hier bist, schade, dass jemand tot ist.’«
Ich grinste schwach. »Ja, eine herzliche BegrĂŒĂung.« Und blickte aus dem glĂ€sernen Aufzug.
Diese Welt passte nicht zu mir.
© Kreative-Schreibwelt 2024-10-09