Es gibt Orte in dieser Stadt, die so unangenehm luxuriös sind, dass sie einem fast körperliche Schmerzen bereiten. Das CafĂ© »La Perla« war der Inbegriff solcher Dekadenz. Die Luft war erfĂŒllt von dem intensiven Aroma frisch gemahlenen Espressos, der wahrscheinlich mehr kostete als meine gesamte Monatsmiete. Jede Ecke des Raumes strahlte auch wieder diese unnatĂŒrliche Perfektion aus: vom makellosen MarmorfuĂboden bis zu den kristallklaren Spiegeln, die den Raum optisch verdoppelten. Selbst das Licht, das durch die riesigen Panoramafenster fiel, schien eigens darauf abgestimmt zu sein, die goldenen OberflĂ€chen noch mehr zum GlĂ€nzen zu bringen. Es war, als wĂ€re das CafĂ© entworfen worden, um jeden Besucher daran zu erinnern, wie wenig er hierher gehörte, wenn er nicht gerade ein Vermögen auf der Bank hatte.
Die Bedienung strahlte eine ĂŒbertrieben freundliche Höflichkeit aus, die so glatt war, dass sie mich fast aggressiv machte. Alles hier schien eine einzige Botschaft zu vermitteln: »Wir haben Geld, und das sollten auch Sie haben.« Die GĂ€ste waren nicht anders. Frauen und MĂ€nner, in maĂgeschneiderten AnzĂŒgen und edlen Kleidern, sahen aus, als wĂ€ren sie gerade aus den Seiten eines Luxusmagazins herausgetreten. Kein Haar war fehl am Platz, kein LĂ€cheln war zu breit, und jeder hatte die gleiche, perfekt durchdachte Eleganz an sich, die fast schon mechanisch wirkte.
Ich hingegen fiel in diesem glitzernden Spektakel auf wie ein dunkler Fleck auf einem weiĂen Hemd. Meine zerknitterte Jacke, die besten Tage lange hinter sich, und die mĂŒden Augen erzĂ€hlten eine ganz andere Geschichte. Ich fĂŒhlte die Blicke auf mir ruhen, als ob ich ein ungebetener Gast war, jemand, der in diese Welt nicht gehörte und dessen Anwesenheit fast schon als störend empfunden wurde.
»WeiĂt du, mit einem ordentlichen Anzug könntest du vielleicht so tun, als gehörst du hierher«, bemerkte Kai trocken. In seiner Stimme lag die unnachahmliche SelbstgefĂ€lligkeit, als wĂŒrde er gerade den Kaffee genieĂen, den ich mir niemals leisten könnte. »Aber ich schĂ€tze, das wĂŒrde dein charmant verwahrlostes Image ruinieren.«
»Image ist alles, was ich habe«, murmelte ich und lieĂ meinen Blick erneut durch den Raum gleiten. Und da war er: Gerald Westmore. Ein Mittvierziger, der wie die Karikatur eines GeschĂ€ftsmanns aussah, der vor NervositĂ€t fast zitterte, als erwartete er, dass jeden Moment jemand aus den Schatten treten und ihn holen wĂŒrde. Langsam lieĂ ich mich ihm gegenĂŒber auf einem der grĂ€sslich samtigen StĂŒhle nieder. Ich bestellte nichts. Die Bedienung musterte mich mit einem kaum verhohlenen Stirnrunzeln, als ob mein Nichts-Bestellen eine persönliche Beleidigung war. Aber das war mir egal. Es ging nicht darum, irgendjemanden hier glĂŒcklich zu machen, schon gar nicht die Kellnerin. Gerald sah mich an, als hĂ€tte er einen Geist gesehen â seine Augen weit, seine NervositĂ€t geradezu greifbar.
»Westmore, richtig?«, fragte ich leise und beugte mich ein wenig vor. »Ich bin sicher, Sie haben schon darauf gewartet, mich zu sehen. Lassen Sie uns das einfach schnell hinter uns bringen.«
© Kreative-Schreibwelt 2024-11-13