David fluchte leise, als der Schneesturm um seinen Wagen peitschte. »Perfekt, einfach perfekt«, murmelte er und schlug frustriert auf das Lenkrad. Das GPS auf seinem Handy drehte sich im Kreis, als hätte es den Verstand verloren. Statt einer entspannten Fahrt zur Berghütte seines Kollegen fand er sich plötzlich in einem spontanen Überlebenstraining für Winterchaos wieder.
Gerade als David überlegte, ob er bei diesen Minusgraden spontan das Winterschlaf-Gen aktivieren sollte, tauchte ein Schild vor ihm aus der Schneewand auf: »Willkommen in Winterfeld – Wo Weihnachten nie aufhört.« Auch das noch. Der Ort sah aus wie eine Filmkulisse für einen Weihnachtsklassiker. Funkelnde Lichter, mit Schnee bedeckte Tannen und ein Banner, das verkündete: »Erster Adventsmarkt heute um 18 Uhr – Lasst die Magie beginnen!«
Magie. Sicher doch. Das einzig Magische hier war die Tatsache, dass sein Handy immer noch zwei Prozent Akku hatte.
Ein kleiner Laden mit dem Schild »Emmas Weihnachtswunderland« erstrahlte vor ihm in einem warmen Licht. Verzweifelt klopfte er. Die Tür öffnete sich mit einem sanften Klingeln, und eine Frau mit roten Wangen und einem Lächeln, das den Raum erhellte, sah ihn an.
»Verirrter Weihnachtsmuffel?«, fragte sie mit einem Zwinkern.
»Eher gestrandeter Stadtmensch«, sagte David, während er sich die kalten Hände rieb. »Mein Auto und der Schneesturm haben sich gegen mich verschworen.«
»Dann komm lieber rein, bevor du zu einem Deko-Schneemann wirst«, lachte sie.
Der Duft von frisch gebackenen Plätzchen und Zimt erfüllte den kleinen Raum. Zwischen glänzenden Kugeln, kleinen Holzengeln und leuchtenden Kerzen fühlte sich David, als wäre er in einer kitschigen Weihnachtskarte gelandet. Die Sorte, die seine Mutter ihm jedes Jahr schickte.
»Hier, heißer Kakao«, sagte Emma, während sie eine dampfende Tasse mit Sahne und Streuseln vor ihm abstellte. »Wenn du in Winterfeld festsitzt, musst du zumindest den ersten Advent mitfeiern. Ist ungeschriebenes Dorfgesetz.«
David verzog den Mund zu einem Lächeln, sah aus dem Fenster und beobachtete die Bewohner in ihren rentiergeweihartigen Mützen beim Aufbau des Markts. Lichter glitzerten, Gelächter erfüllte die Luft. Ein Teil von ihm wollte protestieren, aber die Wärme des Ladens und Emmas Lächeln machten das unmöglich.
»Tja, klingt, als hätte ich keine Wahl. Wer will schon die Dorfregeln brechen?«, sagte er halblaut.
Emma lachte, das Geräusch war wie Glockenläuten. »Vielleicht verzaubert dich Winterfeld. Manche bleiben länger, als sie dachten.«
»Das bezweifle ich«, murmelte David. Er ahnte nicht, dass er bald die Pointe eines Witzes sein würde, den das ganze Dorf verstand.
© Kreative-Schreibwelt 2024-12-01