Diana Brünndl

von Stefan Hampl

Story

Mein Wiener Lieblingsort ist das Diana Brünndl, das vermutlich nach der römischen Jagdgöttin benannt wurde. Es liegt auf 391 Metern ü.A. am Hochruckenberg. Das Brünndl fasst eine Quelle des Kasgrabenbachs, an der man sich auf halbem Weg zur Sophienalpe erfrischen kann. Man erreicht den Ort zu Fuß sowohl von oben als auch von unten kommend in zirka 20-30 Minuten. Von Wien aus bietet sich der Aufstieg vom Ende der Knödelhüttenstraße (Nr. 174) in Penzing an, wo sich am Eck die Autobushaltestelle 52A befindet. Von dort aus führt eine Forststraße etwa 1,5 Kilometer bergauf durch den Wienerwald.

Die Wienerwaldregion bildet geografisch das östlichste Ende der Alpen. Aufgrund ihrer naturnahen Lage nahe der österreichischen Hauptstadt erhielten sie im Jahr 2006 den Status eines UNESCO-Biosphärenparks. Kulturell ist der Wienerwald eng mit der goldenen Ära der österreichisch-ungarischen Monarchie verwoben. Der Walzer „Geschichten aus dem Wienerwald“ von Johann Strauss Sohn (1880) vermag es uns direkt dorthin zu versetzen. Im Jahr 1931 zitierte Ödön von Horvath den Titel für sein gleichnamiges Bühnenstück, das gleichsam als Schlüsselwerk des modernen Dramas gilt. Es zeigt die Brutalität der einfachen Leute vor dem Austrofaschismus.

Am Ende jeder Wanderung gelangt man über die Sophienalpe und die Rieglerhütte wieder an den Ausgangspunkt zurück. Ein paar Hausnummern zuvor, nämlich an der Knödelhüttenstraße 27 befand sich seit 1758 das Wirtshaus „Alte Knödelhütte“, welches in Wienerliedern besungen („Auf der Knödelhütte und in Breitensee“) und auf vielen historischen Postkarten verewigt wurde. Bis Mitte der 1980er Jahre haben die Menschen hier gegessen, getanzt und gefeiert. Seit 40 Jahren steht das Gebäude leer. Nun soll die Immobilie saniert und „entwickelt“ werden. So schreitet die Gentrifizierung der umliegenden Kleingartensiedlungen voran. Wo früher einfache Holzhütten standen und nach dem Zweiten Weltkrieg Gemüse für den Eigenbedarf angebaut wurde, entstehen nun am Stadtrand laufend neue Einfamilienhäuser mit Pool und englischem Rasen. Nur der Charakter der ehemaligen k.u.k Forst-Akademie an der Knödelhüttenstraße 37 ist bis heute beinah unverändert. Die historischen Gebäude werden nun von der Universität für Bodenkultur genutzt, das weitläufige Gelände dient als forstlicher Versuchs- und Demonstrationsgarten.

Das Diana Brünndl am Hochruckenberg steht scheinbar außerhalb von Zeit und Veränderung. An diesem Lieblingsort kann ich innehalten, verweilen, frei entscheiden, in welche Richtung ich weitergehen will. Das kristallene Wasser fließt tagein, tagaus. Nur selten ist es im Winter zu Eis erstarrt. Hier ist man in Wien und fern ab von Wien zugleich. Jeder Schluck ist ein Zusichkommen, jeder darauffolgende Schritt passiert im Bewusstsein, dass dieser Ort eine besondere Aura hat.

© Stefan Hampl 2023-02-18

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