von Raoul Rott
Und so das letzte Licht verschwindet
hinter ewig Berges Spitzen
ein Moment der zweisam bindet
pochend Herzen eng dort sitzen.
Man sucht nach Worten, findet Küsse
Zärtlichkeit und wenig meehr
Augenblick nie überdrüsse
zusammen ist es nimmer schwer.
Alle Ängste und die Sorgen
sind mit dir wie weggefegt
rauschen Wellen bis am Morgen
Wind aus gleicher Richtung weht.
Wünscht man sich doch, dass es während
so wie jetzt für immer sei
Alltag doch an einem zehrend
Gedenke dieser Tage frei.
Lippen, die sich dann berühren
Kopf sanft auf die Schulter fällt
möge es das Schicksal führen
Liebe bis auf ewig hält.
Es ist nur ein Moment und doch so viel mehr. Das junge Paar sitzt im langsam abkühlenden Sand am Ufer eines endenden Meeres und blicken gemeinsam zur Insel hinüber, die sich in vielen Kilometern Entfernung aus dem Meer streckt. Ob nun Zufall oder nicht, sind die höchsten Erhebungen der Insel fast wie eine nach oben geöffnete Sichel geformt, in der die Sonne nun langsam versinkend ihre letzten Atemzüge tut. Eine Szenerie aus dem Bilderbuch. Sie zu ignorieren würde Frevel gleichkommen. Die beiden sind wie gefesselt. Von diesem Naturschauspiel genauso wie voneinander. Gemeinsam diesen Moment erlebend.
In einem Schwall von überzogener Romantik wünsche ich mir, dass diese schon fast kitschig anmutende Situation dennoch nicht enden möge. Sie sind jung und ich fürchte um die Langlebigkeit ihrer Liebe. Zu oft erlebt man, dass das Leben eine andere Richtung einschlägt und die liebgewordene Partnerschaft nicht mehr auf die Situation passt. Getrennte Wege einschlagend, vergeht somit zumindest eine Chance, dass die so junge, leichte Liebe halten möge.
Ich kann mich nicht von dem Gedanken trennen und spreche die beiden an, nachdem ich die Zeilen geschrieben habe. Ich möchte einen Teil dazu beitragen, dass der Moment noch unvergesslicher wird. Die Gratwanderung zwischen der Störung und Zerstörung der Szenerie und meinem Beitrag zur Unvergesslichkeit dieses romantischen Augenblicks ist dünn. Ist es meine eigene Angst vor der Vergänglichkeit der Liebe, die mich so handeln lässt?
Freundlich-überrascht nehmen sie die Worte entgegen, die ich ihnen auf einem kleinen Zettel gekritzelt überreiche. Ich bedanke ich bei den beiden für die Inspiration und wünsche ihnen, dass ihre Liebe überdauern möge. Dann setze ich mich in einiger Entfernung auch in den Sand und lasse los, während ihre Liebe in mir für eine unbeschwerte Leere sorgt. Gedankenlos lächle ich in mich hinein, mit dem Gefühl heute eine gute Tat vollbracht zu haben. Kurz wird es kühl als der Schatten der Liebenden vor mir zum Stehen kommt und sie sich über beide Ohren strahlend flüchtig vor mir stehen bleiben. Mit einem Lächeln auf den Lippen nicken die beiden mir wortlos zu und ziehen ihrer Wege.
© Raoul Rott 2023-08-22