Lucie Summer – Blood and Love Teil 1

von Florian Fiedler

Story


Lucie


 „S…Sag das bitte noch einmal…“, bringe ich gerade so bittend über meine Lippen. Wenn das wirklich stimmt, was sie gerade gesagt hat, dann… dann bricht für mich eine Welt zusammen. Eine Welt, die nur er aufrecht hielt. Eine Welt, in der nur wir beide leben. Aber was nützt eine Welt, in der dein Gegenstück nicht mehr existiert? Er ist mein Gegenstück, mein Anker, meine Stütze, meine Festung und noch so viel mehr. Das kann jetzt nicht einfach so aufhören. „C…Caleb hat viel Blut verloren“, wiederholt seine Cousine. Ich hatte so sehr gehofft, dass ich mich verhört habe oder dass sie nur ein Scherz gemacht hat. Aber an ihrem Gesichtsausdruck erkenne ich, dass es die Wahrheit ist. Die schmerzhafte Wahrheit, die sich sofort in meinem Körper ausbreitet. Tränen laufen mir, wie ein unendlicher Wasserfall über die Wangen und ich sacke auf den Fußboden, unfähig auch nur ein weiteres Wort über meine Lippen zu bringen.

„Lucie…“, höre ich leise die Stimme von Nora sagen. Ich rutsche instinktiv zur Tür. Aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass sie sich ebenfalls auf dem Boden hat sinken lassen. Sie versucht zu mir zu gelangen. Doch immer, wenn sie zu mir rutscht, rutsche ich automatisch weiter nach hinten, bis mein Rücken endgültig die Tür berührt und diese schließlich schließt. Jetzt befinden sich nur noch Nora und ich im Raum. Caden und Holly habe ich, nachdem ich davon erfuhr, erst gar nicht mehr hereingelassen. Ich weiß, dass sie sich gerade Sorgen um mich machen, aber ich will jetzt allein sein. Am liebsten vollkommen alleine. Doch das würde Calebs Cousine nicht zulassen. Wenn es sein muss, würde sie sich sogar mehrere Tage mit mir hier drin einsperren. Da ist sie knallhart drin, wofür ich sie teilweise bewundere.

„Lucie…“, sagt sie erneut, wobei ich jetzt allerdings ihre Hand auf meiner Schulter spüre. Ich zucke zusammen, auch wenn ich weiß, dass ich das eigentlich nicht brauch, da sie zu den Guten gehört. Aber es ist einfach wieder dieser verdammte Schutzreflex meines Verteidigungsmechanismus, der sich gerade aufbaut und ich weiß jetzt schon, dass in mindestens einer Stunde die unendlich hohe Mauer aufgebaut ist, die ich in letzter Zeit so gut abgebaut habe, sowie mein Pokerface, welches sich über mein verheultes Gesicht zieht. Jetzt bin ich wieder bereit, in mein altes Ich zu fallen.

„Hey“, versucht sie einen erneuten Anlauf und nimmt mich diesmal zaghaft in den Arm. Ihre Umarmung ist ganz sanft und vorsichtig, wobei ihre Stimme allerdings zur Normalität zurückkehrt, was man von meiner nicht behaupten kann. Die ist nämlich immer noch gebrochen und versteckt sich hinter Schmerz und Trauer. „Ich bin da“, macht sie weiter und streicht über meinen Rücken.

Jede Berührung die Nora macht, ist angenehm. Die Wärme, welche von ihrem Körper absplittert, schafft es durch den Stoff meines Hoodies und dann in meinen Körper, wo sie sich aufbereitet und jede Faser erwischt, auch die sonst versteckten Bereiche.

© Florian Fiedler 2024-03-20

Genre*
Romane & Erzählungen
Stimmung
Dunkel, Emotional, Traurig
Hashtags
Love, Lucie, Caleb