von Martin Mickl
Ohne recht lange darĂŒber nachzudenken, war mir klar, dass ich Tami und Jo nicht erwĂ€hnen sollte. Jedes Mal, wenn ich die beiden Namen vor meiner Familie nannte, entstand eine ewige Diskussion ĂŒber mein Lebensverhalten. Seit ich mit ihnen inniger befreundet sei, wĂ€re ich zum âĂkofutziâ geworden. So die Worte meines Onkels. Ich hielt nichts von seinen Worten. Er hatte grundsĂ€tzlich immer etwas zu sagen, auch ungefragt. Vor allem ungefragt. Er war Tennisprofi, Koch und Politiker zugleich. Zumindest gab er sich immer als diese aus. In Wirklichkeit war er frĂŒhpensionierter Sportlehrer. Die SchĂŒlerinnen der heutigen Zeit seien nichts mehr im Vergleich zu denen, als er mit dem Unterrichten begonnen hatte. âĂberall wo du hinschaust AuslĂ€nder. Sie ĂŒberrennen unsere Gesellschaft. Die Klassen sind voll von ihnen. Ich hatte ja noch GlĂŒck mit Sport und Geschichte, fĂŒr Sport mĂŒssen die kein Deutsch können, und die MĂ€dels haben getrennten Unterricht.â Immer die gleiche Leier. Die AuslĂ€nder nehmen uns die ArbeitsplĂ€tze weg, drĂ€ngen unsere LehrkrĂ€fte ins Burnout und vergewaltigen unsere Frauen. Am meisten Ă€rgere ich mich aber ĂŒber sein âuns“. Ich wollte nicht Teil dieses Kollektivs sein. Ich bin nicht Teil dieses âunsâ. âWo ist diese Feier?â, fragte mich meine Mutter. Sie war immer auf meiner Seite, zumindest fast immer. Wenn es um die Kirche ging, verstand sie meine Sichtweise nicht. Sie verstand nicht, dass es auch Menschen gibt, die nicht glauben, zumindest nicht an einen Gott. Ich glaube schon. Ich glaube an mich. âDu bist ein TrĂ€umer, Hase.â Sie nahm mich nicht erst. Aber zumindest hatte sie wenig gegen Tami. Wir gingen zusammen in die Volksschule, die direkt neben unserem Schrebergarten stand. Tamara war in den Augen meiner Mutter das schlauste Kind der Klasse, „und gutaussehend!“. Meine Mutter zieht mich ewig damit auf, dass ich, als wir in der ersten Klasse gewesen waren, meinte, ich werde Tamara heiraten. Mittlerweile wĂŒrde meine Mutter einer solchen Hochzeit wohl nicht mehr so freudig entgegenblicken. Tami sei ein schlechter Einfluss. Meint zumindest mein ungefragter Onkel. Und in Kombination mit Jo sei unsere Gruppe explosiv. âFreitag Abend? Eine Feier? Ich hoffe ihr klebt euch nicht vor das Bundeskanzleramt!“ Meine Familie lauschte mit, nachdem ich meiner Mutter zugeflĂŒstert hatte, dass ich auf eine Party ginge. Alle saĂen sie da, aufgereiht wie vor Gericht. Der allerhöchste Richter, mein Onkel, war schon bereit mit dem Hammer auszuholen, bereit fĂŒr mein Urteil. Ich antwortete, dass es sich bei Freitagspartys nicht immer um âFridays for Futureâ-Demonstrationen handeln wĂŒrden. Er lĂ€chelte nur sĂŒffisant. Ich wusste, was er dachte. „Dann ist es halt ein Haus, das wir besetzen. Oder wir ziehen in irgendeinem Keller ĂŒber die FPĂ her und uns gleichzeitig einen Joint rein. Ich verkniff mir, was ich sagen wollte. Denn der Keller meines Onkels war auch nicht frei von extremistischer Politik, ohne Richtungen zu nennen.
© Martin Mickl 2022-12-14