Westaustralien mit schwäbischer Einlage

von Nina Waldkirch

Story

Blauer Himmel über roter Wüste. Der dicke, weiche Sand reicht bis zum Horizont – und noch viel weiter. Vor uns liegt die weite Freiheit des Francois-Péron-Nationalparks in West-Australien. Nur wenige Reifenspuren sind auf unserer einsamen Strecke zu sehen. Irgendwo am Ende des Horizonts soll sie in eine Meeresbucht münden, wo wir übernachten wollen. Das Abenteuer ruft uns.

Ich kämpfe bereits seit zwei Stunden mit dem Austarieren des Gaspedals, um den gemieteten 4WD in der haltlosen weichen Sand-Fahrbahn auf Kurs zu halten, als wir auf einen kleinen Wohnwagen treffen, der offensichtlich steckengeblieben ist. Ein Paar in typisch touristischem Aufzug – australische Cowboy-Hüte, weiße, kniehohe Sportsocken und er trägt ein T-Shirt, das seine Liebe zu Bier zum Ausdruck bringt, – steht daneben und winkt hektisch. Wir halten an und stellen bereits nach wenigen Worten schwäbisch gefärbten Englischs fest, dass die beiden Deutsche sind. Der Bier-Fan erklärt uns voller Stolz, dass sie stecken geblieben sind, sie aber voll und ganz auf solch eine Situation eingerichtet wären. Er habe schon Hölzer unter die Räder gelegt, doch der Wagen habe sich nur noch tiefer in den Sand gegraben. Ich erinnere mich, dass das einer der absoluten No-Gos unter den Warnhinweisen war. Wir wollen den Wohnwagen mit unserem Wagenheber aufbocken, doch der ist für solch ein Monstrum nicht gemacht. Also versuchen wir es mit Anschieben – mit dem Ergebnis, dass ich mir einen im Sand vergrabenen Stock in den Fuß ramme. Während ich meine Wunde desinfiziere, stellt mein Mann fest, dass der Bier-Fan mit seinen untergelegten Stöcken nicht nur einen, sondern gleich zwei Reifen platt gemacht hat. Jetzt, da die Lage der beiden Schwaben aussichtslos scheint, driftet die Stimmung der Frau in offene Panik ab. Hysterisch versucht sie, in der abgelegenen Wüste Australiens einen Pannen-Dienst zu erreichen – natürlich ohne Erfolg. Bald wird klar, dass wir dem Paar nur helfen können, wenn wir aus dem Park herausfahren und aus dem nächstgelegenen Ort Hilfe holen. Die Sonne steht bereits tief und mich beschleicht das Gefühl, dass ich mich von meinem Lagerfeuer in der australischen Wildnis verabschieden kann.

Bis wir zurück in der Zivilisation sind und einen Abschleppdienst beauftragt haben, ist es schon längst dunkel. Als ich schließlich auf dem Campingplatz im unspektakulären Schein der WC-Neonleuchte meine Suppe löffele, beneide ich fast die in der Wüste liegengebliebenen Touris.

© Nina Waldkirch 2021-02-26

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