by Jule Klinger
Es ist Freitagnacht. Meiner Mutter habe ich gesagt, dass ich auf einem Geburtstag eingeladen bin. Aber ich bin hier, im Club und tanze. Es ist stickig und heiß. Ich gehe zum Ausgang, an die frische Luft. Für heute reicht es mir, ich will zurück nach Hause. Die Straße entlang, dann abbiegen und da ist schon der Park, dort ist auch die Bushaltestelle, an der ich warten muss. Ãœberall sind Menschen. Mein Kopf dreht sich, ich schaue sie mir alle an. Beobachte ganz genau, wer da ist. Niemand, den ich kenne und zu dem ich mich setzten könnte. Gleiche Gesichter, nur du fällst mir auf. Ich will dich ansprechen. Also laufe ich los, direkt auf dich zu. Was mache ich denn? So geht das doch nicht. Doch, doch, ich weiß, was ich tue. Die Welt um mich herum verschwindet, es gibt nur noch meine gleichmäßigen Schritte. Ich verlasse meinen Körper – bam. Bam, bam – bis ich vor dir stehe. Und jetzt? „Hast du Feuer?“, frage ich. Natürlich hast du eins. Ich habe auch eins, doch das habe ich tief in meine Tasche geschoben, sodass ich dich danach fragen kann. Meine Hand ist schon ausgestreckt, schau, du musst es nur da hineinlegen. Aber du hast keins. Warum hast du keins? Warum redest du nicht mit mir? Ich bin verwirrt. Ich dachte, wir können sein, was wir wollen und uns aussuchen, was um uns herum passiert. Uns ist alles egal, wir tun so, als könnten wir fliegen. Aber du hast gleich gemerkt, dass ich lüge. Deswegen gibst du mir dein Feuer nicht. Du weißt, dass ich in Wahrheit gar nicht rauche. Was soll ich denn jetzt machen? Während ich mich umdrehe, um wieder zurück zu meinem Platz zu gehen, trete ich aus Versehen gegen eine Bierflasche, die vor dir auf dem Boden steht. Sie kippt um, der ganze Inhalt fließt über deine Schuhe. Es tut mir so leid! Ich wollte das nicht, wirklich nicht. Meine Wangen werden heiß. Ich lasse dich jetzt in Ruhe, ok? Ich gehe besser nach Hause. Fährt denn überhaupt noch ein Bus? Ja, an der Haltestelle steht einer, ich steige einfach ein, er hält sogar bei mir in der Nähe. Das war Glück. Ich will einschlafen, doch die Stimme in mir ist noch wach. Wer bist du denn? Du klingst so fremd, so spreche ich gar nicht. Der nächste Morgen soll kommen, dann ist es vorbei. Bestimmt werde ich mich übergeben müssen, ich habe zu viel Alkohol getrunken. Aber immerhin, dann ist es still.
© Jule Klinger 2023-08-14