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Jule Klinger

by Jule Klinger

Story


Die Welt dreht sich nur noch um mich, sie wird immer schneller. Bis sich alles verdoppelt und eine zweite Version von mir direkt neben der ersten existiert. Man kann nicht mehr sagen, was das Original ist. Die beiden Körper entfernen sich voneinander, ich versuche, sie wieder aufeinander zu legen, aber sie wollen nicht. Werdet doch bitte normal! Ich schwebe. Ich stehe fest auf dem Boden. Die Zeit vergeht so langsam. Ich verstehe nicht mehr, was um mich herum passiert. Alles, was ich bisher kannte, macht keinen Sinn mehr. Langsam beginne ich zu fallen. Kurz bevor ich auf dem Boden ankomme, gibt mir jemand die Hand und zieht mich hoch. Sie stellt sich mir vor, wir unterhalten uns und merken gleich, dass wir Freunde werden. Da stehen noch mehr von ihnen. Sie geben mir Wasser zu trinken, setzten sich neben mich und warten so lange, bis ich wieder aufstehen kann. Ein paar von ihnen müssen in die gleiche Richtung wie ich, also gehen wir zusammen und sie begleiten mich bis nach Hause. Ich schlafe direkt ein. Zwei Tage später bekomme ich eine schwere Grippe und muss im Bett bleiben. Erst am Wochenende darauf bin ich gesund genug, um rauszugehen. Ich mache alles so, wie beim letzten Mal. Gehe zu den gleichen Orten, kann jedoch die Leute nicht finden. Das ist nicht schlimm. Ich weiß, wo ich hingehen muss: zur Bushaltestelle. Dort werde ich mich auf die Mauer setzten und warten. Am Ende des Abends kommen alle hier vorbei. Sie fahren dann zurück zu ihren Wohnungen. In ihre hellen Zimmer, denn die Sonne ist schon aufgegangen. Manche duschen sogar noch, andere legen sich mit ihrer Kleidung ins Bett. Das würde ich nie machen, denn die ist voll mit Dreck und Schweiß. Ich ziehe mir lieber ein frisches Hemd an, damit meine Decke sauber bleibt. Dann putze ich mir die Zähne, sodass ich am nächsten Morgen keinen Mundgeruch habe. Hier an der Haltestelle ist viel los, aber von den Leuten, die ich suche, ist noch keiner da. Also setzte ich mich auf die Bank und warte, ungefähr eine Stunde. Irgendwann wird mir kalt und ich überlege sogar, nach Hause zu fahren. Genau da kommen mir mehrere Menschen entgegen, deren Gesichter ich wieder erkenne. Das sind sie. Ich gehe auf sie zu und sage Hi. Zuerst wissen sie nicht, wer ich bin, aber eine von ihnen kann sich erinnern. „Du warst doch letzte Woche mit uns unterwegs!“ Ja, das stimmt. Sie umarmt mich, wir reden kurz miteinander. Dann wollen sie weitergehen. Ich bleibe einfach bei ihnen. Wir schauen im Park vorbei, um noch weitere Freunde zu treffen. Langsam werden alle müde und verabschieden sich voneinander. „Ich muss auch in deine Richtung“, sage ich zu dem Mädchen. Also nehmen wir den gleichen Bus. Auf der Fahrt erzählt sie mir viel von ihrer Familie. Sie hat eine Tante, die in Griechenland wohnt. Den Rest der Geschichte habe ich vergessen. Bevor sie aussteigt, gibt sie mir ihre Telefonnummer. Sie wird mir Bescheid geben, wo sie und ihre Freunde nächstes Wochenende unterwegs sein werden. Wenn ich mag, kann ich mitkommen.



© Jule Klinger 2023-09-01

Genres
Novels & Stories
Moods
Dark