Der Egoman 2

Charlie Sprengel

by Charlie Sprengel

Story

Ein Orgasmus von Frau Iwanov war akustisch irgendwo zwischen Elster und Seehund einzuordnen. Ich selbst konnte nicht wirklich einen Ton von mir geben, denn während sie mich ritt, hielt sie mir den Mund zu. Als wir beide gekommen waren, schwang sie ihr langes, schwarzes Haar zur Seite und legte dann ihren Kopf auf meiner Brust ab. In dieser Position verharrte sie eine Weile – etwas zu lange für meinen Geschmack. Unsere verschwitzten Körper klebten bereits aneinander, wie zwei Wurstscheiben und der Fußboden hinter dem Dozentenpult war auch nicht sonderlich bequem. Nachdem sie sich nach fünf Minuten immer noch nicht bewegt hatte, streichelte ich ihr über den klitschnassen Rücken und fragte:
 â€žAlles okay?“ Es war komisch mit ihr zu sprechen. Normalerweise spielte sich unsere Kommunikation auf nonverbaler Ebene ab, was mir eigentlich auch lieber war. Sie hob ihren Kopf und schaute mich an. Ihre Wimperntusche war leicht verschmiert und hatte sich in ihren Augenfalten abgelegt. Ihre schmalen, eckigen Lippen waren aber immer noch blutrot. Ich war mir sicher, dass sie und ich die optimale Werbung für ihren dauerhaft perfekt sitzenden Lippenstift hätten drehen können. Allerdings erklärte der permanente Farbanstrich auch, warum sich ihre Küsse immer etwas trocken anfühlten.
 â€žAlso Louis es ist so … “
Sie sprach mich mit meinem Vornamen an. Allein das löste bereits einen leichten Schub von Panik in mir aus.
 â€žMein Mann ist mit den Kindern schon zu den Großeltern nach Russland geflogen, ich komme erst in einer Woche nach. Ich hatte überlegt, dass wir uns die Tage doch mal bei mir Zuhause treffen könnten. Also du und ich … Was meinst du?“
Normalerweise war neben ihrem russischen Akzent immer eine gewisse Strenge in ihrer Stimme zu hören. Jetzt redete sie sanft und lächelte dabei. Dieser liebe, fast schon mütterliche Ausdruck stand ihr irgendwie so gar nicht. Ich wollte eine osteuropäische Domina. Keine fürsorgliche Mutti. Außerdem hatte ich nie vorgehabt mehr Zeit als es bis zum Orgasmus brauchte mit ihr zu verbringen. Ich konnte ihr nicht in die schwarzen Augen sehen. Etwas orientierungslos schaute ich auf ihre Brüste, die wie große Christbaumkugeln über mir hingen.
„Äääähm … also … “
Ich musste kurz überlegen, ob ich sie duzen oder siezen sollte, entschied mich dann aber aufgrund der intimen Tatsache, dass sie nackt auf mir drauf saß, für die erste Variante.
„Du weißt, ich würde wahnsinnig gerne mehr Zeit verbringen, als es die Gegebenheiten zulassen aber … du hast einen Mann und Kinder … das kann ich mit meinem Gewissen irgendwie einfach nicht vereinbaren.“
 Ich sprach langsam und versuchte ihr dabei in die Augen zu schauen. Da ich es nicht schaffte einen soliden Blickkontakt zu halten, fixierte ich ihre leicht schiefe, spitze Nase. Die Situation war mir so unangenehm, dass ich sie am liebsten von mir gestoßen hätte und nackt davongerannt wäre, aber sie war eine Frau. So ging man nicht mit Frauen um. Sie starrte mich immer noch an und machte keine Anstalten, das was ich gesagt hatte zu kommentieren. Ich fühlte mich wie ein hilfloser Schuljunge, der vorne an der Tafel stand und vor Lehrer und Klasse gleichermaßen versagte. Ich entschied mich daher, die ganze Sache so schnell wie möglich zu beenden.

© Charlie Sprengel 2023-06-05

Genres
Novels & Stories
Moods
Challenging, Funny