Die Beziehung zwischen mir und meinem Bruder ist kompliziert – eine Mischung aus Liebe, Ärger und Dankbarkeit. Es gibt Momente, in denen er mich zur Weißglut bringt, und Tage, an denen ich ihn am liebsten auf den Mond schießen würde. Doch genau in diesen Augenblicken wird mir auch klar, wie viel er mir bedeutet. Denn trotz all der Dinge, die mich an ihm frustrieren, gibt es noch mehr, wofür ich ihm dankbar bin.
Ich errinnere mich an 1000 Situationen, in denen wir uns gestritten haben. Oft nur wegen unnötiger Kleinigkeiten. Ein unbedachtes Wort oder eine spontane Entscheidung reicht schon aus, um einen Streit auszulösen.
Ich denke an die eine Woche, als wir beide unbedingt in den Urlaub fahren wollten. Ich auf eine entspannte Reise ans Meer und er auf keinen Fall ans Meer. Als ich ihn gefragt habe wieso er keine Lust darauf hatte, konnte er nicht antworten. Der Streit, der daraus entstand, war heftig. Wir stritten uns, als ob es um Leben und Tod ginge, und verbrachten die meiste Zeit damit, uns gegenseitig die Schuld zuzuschieben.
Heute streiten wir uns wegen ein paar Sachen, die Außenstehende nicht verstehen würden. Wir streiten uns, weil der eine die Nintendo Switch benutzt hat, obwohl der andere genau das gleiche vorhatte. Oder wir verstecken aus Prinzip die Sachen des anderen, nur um uns für eine Kleinigkeit zu rächen.
Ich errinere mich auch an die Wochen, als ich 9 Jahre alt war, im Krankenhaus lag und mein Bruder mich jeden Tag nach der Schule besuchen kam, um mir all die lusitgen Dinge zu erzählen, die passiert sind und mir zu erklären was die Lehrer der Klasse beigebracht haben. Diese Geschichten gaben mir nicht nur etwas zum Lachen, sondern auch das Gefühl, trotz im Krankenhaus zu liegen, noch Teil der Klasse zu sein. Es sind diese kleinen Gesten, die mich daran erinnern, warum ich ihm immer wieder vergebe, wenn wir uns gestritten haben. Er ist nicht perfekt – weit davon entfernt. Aber wer von uns ist das schon? Und vielleicht ist es genau diese Mischung aus Ärger und Dankbarkeit, die unsere Beziehung so einzigartig macht.
Wenn unsere Eltern uns ermahnen, dass wir den ganzen Tag nichts Produktives machen, ziehen wir uns zwar in unsere Zimmer zurück, tun so, als würden wir ernsthaft arbeiten, doch kaum sind wir aus dem Sichtfeld, schleicht sich schnell wieder der Unsinn ein, der uns beiden so viel Spaß macht. Trotz all dieser kleinen Konflikte gibt es Momente, in denen wir uns einig sind. Augenblicke, in denen wir gemeinsam lachen, als wären all die Streitereien nie passiert :).
Und so werden wir wahrscheinlich noch viele weitere Male streiten – über die Nintendo Switch, über versteckte Sachen oder darüber, wer das letzte Stück Pizza bekommt. Denn am Ende des Tages, nach all den Streitereien und Diskussionen, weiß ich, dass er immer für mich da sein wird – genauso wie ich immer für ihn da sein werde. Und das ist es, was wirklich zählt.
© Kiya Wadhwani 2024-08-24