Wenn ich genau darüber nachdenke, dann stell’ ich fest, es könnte doch so gut sein, dass das Mysterium, das wir Universum nennen, gar nicht so mysteriös ist. Vielleicht ist es ja auch nur ein Kind, das spielen will und wir die kleinen Figuren aus der Spielzeugkiste, die den Namen “Leben” trägt.
Ich bin ein Nussknacker, einer von der einfachen Sorte. Die Zähne abgenutzt und der ein oder andere wackelig, als seien es Milchzähne. Fast noch wie ein Kind. Um mich herum lauter Zinnsoldaten, ungerührt ihr “Leben” lebend.
In mir drin lebt kein Märchenprinz, nein, verglichen mit Prinzen ist er, der in mir verborgen ist, ein armer Schlucker. Ein Feuerschlucker, der so gerne Feuerspucker sein und achtlos auf das Umfeld scheißen würde, ein Feuerschlucker, der so gern ein Drache wär’, voll Majestät ein Feuerwerk erschaffend, ein Feuerschlucker, der zusammen mit dem Feuer, das die Welt für ihn bereithält auch einst ein Herz schluckte.
Das Herz das schlug wild um sich umher, dann biss es sich aber fest und wollte nicht wieder heraus, das bisschen Feuer, das der Feuerschlucker schluckte erschreckte es nur am Anfang, nur ein wenig, doch das Feuer spendete Wärme und das Herz mochte diese Wärme, denn nur so erfror es nicht, nur so konnte es pochen und pulsieren, vor Herzblut nur so überlaufen.
Der Feuerschlucker nahm Rücksicht und stellte fest, es waren nicht nur Zinnsoldaten um ihn rum. Manche waren Holzfigürchen, fast schon wie Nussknacker, und sie alle hatten Herzen und eine kleine Flamme irgendwo im Körper, die Spuren hinterließ im fragilen Holz und es tat ihnen allen weh.
Natürlich wollte der Feuerschlucker helfen, denn auch ihn schmerzte es, und so tat er das, was er am besten konnte. Er schluckte Flamme für Flamme und sie alle waren unterschiedlich. Unterschiedlich warm, unterschiedlich groß, unterschiedlich bunt.
Die Holzmännchen lebten leichter, denn das Feuer fraß sich nun weniger durch das Holz hindurch, bei manchen war das Feuer sogar ganz fort. Einige verbrannten weiter, von hinten, von innen, denn sie wollten nicht, das ihre Flammen auffielen. Und wiederum andere ahnten, wie groß das Feuer im Bauch des Feuerschluckers geworden sein musste. Sie versteckten ihre Flamme, denn sie wollten seine Nussknackerhülle nicht verletzen, sie lächelten und machten dem Feuerschlucker Mut.
Der Feuerschlucker war blind, denn die Parallele fiel ihm nicht auf und so frisst sich das Feuer von innen durch den Nussknackerkörper hindurch, bis er eines Tages zusammensacken wird und ein tosendes Inferno hinterlässt.
Doch wer bin ich, dass ich mir anmaße, Vermutungen anzustellen, über das Feuer, das in mir tobt, und was damit passieren wird. Nicht ich bin die Feuerwehr, ich bin nur eine Figur im großen Spiel des Lebens und das Universum ist doch auch nichts weiter als ein Kind, das “Leben” spielt. Vielleicht hat es irgendwo in der Spielzeugkiste ein Feuerwehrauto, das das Feuer löschen kann.
© Soriana Afonina 2023-08-29