Prosecco und Thunfisch (2)

Chris Parker

by Chris Parker

Story
Savannah


Allan hatte mich verloren, und auch Gina zeigte nach zwei Wochen kein Interesse mehr an ihm. Was wollte sie auch mit einem Mann, dessen Beziehung sie nicht zerstören kann? Seit diesem Tage herrschte absolute Eiszeit zwischen Gina und mir. Und ein Ende war nicht in Sicht. Auch nicht jetzt, wenn sie umstandsbedingt pausieren musste. Gina als Mutter? Eigentlich unvorstellbar. Wovon wollte sie das Baby ernähren? Prosecco und Müsli? „Lory“, murmelte ich leise vor mich hin, „du solltest nicht immer so schlecht über sie denken …“

„Schätzchen, will keiner mit dir reden, dass du jetzt schon Selbstgespräche führen musst?“ Gina war da und meine aufkeimende Schadenfreude vom Winde verweht. Ich sah zu ihr auf, in ihr angeklebtes Lächeln und würdigte sie keiner Antwort. Sie wäre die Idealbesetzung in jedem Tierfilm gewesen, in der Rolle der Schlange. Der Kellner erschien auf der Bildfläche, stellte das Glas Wasser vor mich hin, um dann Gina hilfsbereit den Stuhl zurechtzurücken. Sie zögerte den Vorgang des Hinsetzens derart in die Länge, dass die anderen Gäste nicht umhinkamen hinzusehen. Ihr Bauch war noch gar nicht so kugelig, aber sie machte einen Staatsakt daraus. Es war noch keine Minute vergangen, und schon stand sie wieder im Mittelpunkt. Typisch. Mir war die Szene einfach nur peinlich.

„Prosecco“, sagte sie zum Kellner. „Aber genau elf Grad.“ Ich fühlte mich bestätigt. „Meinst du, dass das gut ist für das Baby?“ fragte ich sie. „Du weißt doch, dass Alkohol das Zellwachstum beeinträchtigt.“ Sie sah mich so mitleidig an wie damals mein Professor im ersten Semester. „Schätzchen, ein, zwei Gläser am Tag bringen den Kreislauf in Schwung. Das tut auch dem Kind gut.“ Es war ihre erste Schwangerschaft, daher musste sie es ja wissen. Immerhin hatte sie mir damit schon etwas voraus.

„Und dann bitte einen Thunfischsalat“, gab sie ihre Bestellung weiter auf, „ich muss auf meine Figur achten.“ Ich hätte mich beinahe an meinem Wasser verschluckt. Eine Schwangere, die auf ihre Figur achten muss? Hatte sie denn irgendeine Wahl?

„Wünschen Sie jetzt auch zu speisen?“ fragte mich der Kellner. Ich hatte den Eindruck, er mochte mich nicht. Nach einer Stunde des Wartens und meinen bösen Gedanken stand mir der Sinn auf keinen Fall nach Grünzeug. Ich wollte essen. „Okay“, fing ich an, „ich nehme den Lammbraten, der ist hoffentlich mit viel Knoblauch gespickt. Dazu bitte die jungen Bohnen, aber schön fettig mit ordentlich Speck. Und dann noch die Kartoffeltaler mittelgroß in Olivenöl.“ Ich glaubte, Gina kurz würden zu hören. Ob ich alles essen würde, was ich bestellte, war mir noch nicht klar, aber allein Ginas Gesichtsausdruck war die Bestellung wert. Der Kellner zog sich diskret zurück. Theoretisch würde Gina jetzt eine Zigarette hervorholen, aber sie rauchte seit ein paar Wochen nicht mehr. Das hatte jedoch nichts mit ihrer Schwangerschaft zu tun, sie meinte nur, sie möchte gesünder leben. Sie prostete mir mit ihrem Prosecco zu.


© Chris Parker 2023-08-19

Genres
Novels & Stories