Langsam, quälend langsam hob sich der Schleier aus Dunkelheit und machte sowas wie Bewusstsein Platz. Nicht, dass Eva viel begriff, denn ihr Kopf fühlte sich gleichzeitig hohl und zu voll an.
Sie tastete nach dem Sicherheitsgurt, fand ihn aber nicht. Überhaupt war sie gar nicht mehr in ihrem Auto.
“Was zum…?”, murmelte sie halblaut und sah sich um. Sie stand an der Küste.
Hä? Sie war Kilometer, hunderte Kilometer von der Küste entfernt gewesen. Aber da war das Meer, schimmernd schwarz wie Obsidian in der Nacht.
Hinter ihr lag Dunkelheit, die kaum von Straßenlaternen ausgeleuchtet wurde, vor ihr das Meer. Und links… eine Ansammlung von Menschen, eine Schlange.
Worauf warteten die wohl?
Sie trat näher, reihte sich ein. Erst da bemerkte sie, dass sie die stehenden zwar als Menschen erkannte, aber sie konnte keine Details erkennen. Wie in einem Traum.
“Was…?”, flüsterte Eva rau und sah sich hektisch um. Wo war sie?
“Entschuldigen Sie”, bat sie die Person in der Reihe vor ihr. Aber die reagierte nicht.
Eva tippte ihm oder ihr auf die Schulter…und ihre Hand glitt hindurch.
“Was?”, fragte sie erneut, ihre Stimme schrill von einsetzender Panik. Was war das hier?
Sie trat wieder aus der Reihe an wartenden Schemen und ging voran, an ihnen vorbei.
Niemand protestierte und sie ging bis ganz nach vorn, allerdings dauerte es Minuten.
Wofür standen sie an? Waren sie überhaupt hier? War Eva hier?
Sie hatte keine Ahnung.
Am Anfang der Reihe sah sie ein altes, protziges Auto mit laufendem Motor stehen. Und einem Taxischild auf dem Dach.
Unschlüssig klopfte sie an die Scheibe und das Fenster fuhr sirrend herab.
“Spring rein”, lud der Fahrer sie mit rauchiger Stimme ein. “Wo soll’s hingehen?”
Ihre Hand war bereits auf dem Türgriff gewesen, nun stockte Eva. Sie hatte keine Ahnung.
© Corinna Winter 2023-05-24