3. Frieda wird ausgegrenzt
Frieda seufzte. Sie, nämlich alle anderen, bedienten wie so oft lässig ihre Mobiltelefone, wie um sie damit absichtlich nicht dabeizuhaben… sie ahnte ihre bösen Worte, und damit wurden sie vor ihrem inneren Auge nicht nur erschaffen, sondern brannten sich richtiggehend ein. Sie alle zeigten nach außen ihre Gemeinsamkeiten auf, doch Frieda? Ausgeschlossen zu sein lähmt. Sie war es müde. Einmal hatte Frieda am Handy einer Kollegin etwas über sich und ihre Beeinträchtigung gelesen, und nun reichten bereits der Anblick der nach unten geneigten Köpfe und der Blicke in ihre Richtung, um sie zu verunsichern. Was sie wohl wieder für garstige Worte und Smileys tippten? Sie wusste, man wollte sie auch dann wegreißen, wenn sie einmal jemanden gefunden hatte, der sie lieb behandelte. Man gönnte ihr die Freundschaft nicht. War es nur, weil sie anders war? Sie war traurig über diese Gleichgültigkeit und auch den Hass gegen Menschen, die irgendwie anders waren. Er traf sie nicht nur persönlich sehr, sondern auch in ihrem Wunsch nach einer besseren Welt, in der alle gleich wären. Die würden doch Vernunft annehmen? Irgendwie?
Nein, niemand nahm Vernunft an. Kopfschüttelnd wählte Frieda einen Sitzplatz abseits von denen, die ihr das Leben so schwer machten. Ganz alleine. Wie rasend sich alles verändert hatte, vom offenen Spielen im Kindergarten hin zu einer strengen Ordnung, in der es nicht mehr gelang, irgendwo dazuzufinden. Ihre Identität war es, „die Andere“ zu sein, ohne dass sich jemand ein Herz fasste, sie wirklich kennenzulernen. Es kam Frieda so vor, als ob ein böser Tiger sie langsam und genüsslich zerreiße. Mit einer fürchterlichen Mordsgier, die ihr keinen Platz neben sich ließ… Würde überhaupt noch irgendjemand diese Schwermut durchbrechen?
Gemeinschaft als Anker
Doch, es gab da zwei andere, die Frieda kannten, und sie liebten, mit einem wilden Herzen, weil ihr so Böses geschah, und ruhigem Gemüt, weil sie ihr vertrauten, sie nicht dasselbe spüren zu lassen. Und umgekehrt, auch Frieda wusste, was Freundschaft war. Das ging so: Karim, Hilde und Frieda begrüßten einander herzlich und innig mit Umarmungen. Jeden für sich eine Weile nur drückend. „Ich würde so gerne öfters einmal so begrüßt werden wie eben“, gab Hilde mit einem Lächeln preis. Ihre inneren Stimmen schienen im Chor Zustimmung zu raunen. Die Distanz, die sonst so weit war zu den anderen nämlich, war bei ihnen dreien schnell überbrückt. Wie gut es tat. Hastig hatten sie ein bisschen Jause und ein paar Lieblingsbeschäftigungen mitgenommen. Ganz so als würde das Leben in einen Rucksack passen, erschien es ihnen. Karims Blick traf auf Friedas entschlossene Miene.
© Petra Stoppacher 2023-04-26