Der Clown

Es war einmal die kleine Geschichte eines Clowns.

Die Zuschauer sahen einen Clown in Frack und Zylinder. Sie durchschauten ihre Tarnung nicht.

Sie war eine Clownin.

Sie stolperte – und die Zuschauer lachten. Dabei war Stolpern nahezu ihre natürliche Art, sich fortzubewegen.

Sie war, wie sie eben war, sprach, wie sie eben sprach, berichtete, wie ihr Tag gelaufen und was schiefgelaufen war – und die Zuschauer lachten.

Zuzeiten wusste sie nicht weiter, dachte nach, zog die Stirn in Falten – und die Zuschauer lachten.

Zu Recht, sagte sie sich. Um die Menschen zum Lachen zu bringen, dafür war sie hier.

Allerdings schauten die Kinder oft traurig drein, wenn sie stolperte oder sich beim Sprechen verhaspelte.

Deshalb fing sie an, lustige Geschichten zu inszenieren, Geschichten, die von davonfliegenden blauen Katzen handelten. Die Geschichten musste sie proben, das machte ihr Spaß. Und die Kinder hatten Gefallen daran.

Daraufhin blieben die Zuschauer weg, aus Sorge, was aus ihren Kindern einmal werden sollte, wenn sie an blaue Katzen glaubten, die davonflogen. Wären sie ehrlich gewesen, hätten sie zugeben müssen, dass sie selbst in ihrer Kindheit an herbeieilende grüne Störche geglaubt hatten.

Sie legte die Männerkleider ab, blieb die Clownin, die sie war, und flog mit den blauen Katzen auf und davon.

Je nachdem, wie viel Tarnung nötig ist, stolpere ich, bin ich ernst, schweige ich, bin einsilbig, rede die Menschen in Grund und Boden, bin laut, bin leise, sage die Wahrheit, flunkere, fliege mit den blaugrünen Katzen, bin unsichtbar, …

Aber inzwischen macht es kaum einen Unterschied. Schon das Wort „Tarnung“ klingt absurd. Um die Wahrheit zu sagen: Es hat nie eine Tarnung gegeben.

Selbst wenn ich jetzt mit einer roten Kappe im Kornfeld sitze, kann man mich von den Mohnblumen unterscheiden. Vielleicht nicht jeder und jede. Aber auch das ist in Ordnung.