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#leidenschaft#naturerlebnis#eigenartig

Die Zeichensetzerin

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Die Zeichensetzerin | story.one

Ich liebe Zeichen aller Art. Buchstaben, Hieroglyphen, Jakobswegzeichen, himmlische Zeichen, Traumzeichen, ein Augenzwinkern, …

Und als leidenschaftliche Spaziergängerin und Flussradfahrerin natürlich Hinweisschilder und Fahrradwegmarkierungen.

Und als leidenschaftliche Leserin und Schreiberin natürlich Satzzeichen im Besonderen.

Fehlende Satzzeichen in Büchern und Zeitungen zum Beispiel oder auf Speisekarten und Werbeplakaten bringen mich aus der Fassung, ziehen mir den Boden unter den Füßen weg, bringen den Textfluss zum Austrocknen, sodass ich mich wie in den Pyrenäen nur noch von Felsbrocken zu Felsbrocken hangle. Sieht man denn nicht, dass man die Sätze ihrer Ordnung beraubt, ihrer Sinnhaftigkeit? Und um den Sinn geht es doch letztendlich! Oder?

Ich persönlich streue also leidenschaftlich gern Zeichen in Texte: Punkte, Kommas, Doppelpunkte, Semikolons, Klammern, Gedankenstriche, Fragezeichen, Ausrufezeichen, Anführungszeichen – besonders gern die drei letzteren, da sie ja das Wort „Zeichen“ enthalten.

Meine Texte werden länger und umfangreicher, – falls ich darf –, damit ich mehr und mehr Zeichen – verschiedenartige – unterbringen kann.

Nachdem ich inzwischen sämtliche Zeichensetzungsmöglichkeiten „schreibenderweise“ ausgelotet habe, bin ich neuerdings dazu übergegangen, die Zeichen „gehenderweise“ zu setzen, d.h. (das heißt) auf all meinen Wegen.

Wenn ich jetzt eine Wanderung unternehme, lasse ich an jeder Wegkreuzung ein Komma fallen, bevor ich mich für den Hauptweg oder einen der Nebenwege entscheide; an jedem Rastplatz mit ausgiebiger Pause lehne ich ein Semikolon an einen Baum; wenn ich unterwegs über etwas nachdenken muss, bleibe ich stehen – und markiere die Stelle mit einem Gedankenstrich, bevor ich weitergehe.

Erreiche ich schließlich den Gipfel des Berges, bin ich manchmal derart überwältigt von dem Panorama, das sich vor mir auftut, dass ich beinahe vergesse, ein Ausrufezeichen zu hissen!

Auf meinen Wegen gibt es ferner eine Menge Fragezeichen. Diese Orte suche ich dann und wann wieder auf und schaue nach: Hat sich in der Zwischenzeit eine Antwort eingestellt, was folglich einen Doppelpunkt erfordert, oder ist das Fragezeichen weiterhin angemessen?

Einmal habe ich mich im Nebel verlaufen keine Wege mehr ohne Wege keine Zeichen und ohne Zeichen erst recht keine Wege als ich schließlich die Umrisse eines ausladenden Baumes ausmachen konnte bin ich auf ihn zugewankt und habe mich an seinem Stamm zu Boden sinken lassen wie und wohin sollte ich hier ein Zeichen setzen und welches (eine Klammer etwa ergab das einen Sinn)

„Nun mach aber mal nen Punkt!“, brummte da die ehrwürdige weise Eiche.

Was ich prompt machte. Punkt.

Tja, das war jetzt wohl so etwas wie ein Traumzeichen.

© Brigitte Hieber 2020-07-25

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