Wien
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Dreimal war ich in Wien. Ich erzähle das jetzt einfach.
1974. Abi-Fahrt nach Wien! Ins Ausland! Bis dahin kannte ich Wien nur literarisch: die „Geschichten aus dem Wiener Wald“ und die „Strudlhofstiege“.
Mein Eindruck von Wien war so stark, dass ich Jahre später unbedingt dorthin zurückkehren wollte. Ich hatte immer die Vision einer großen Treppe, verbunden mit den Namen Klimt und Schiele. Dass ich wirklich dort gewesen war, bezeugt heute das Foto, das ein Klassenkamerad in einem unbemerkten Moment von mir gemacht hat.
1982. Der zweite Besuch stand unter einem abenteuerlichen Stern. Wir waren zu viert, Herr B. und ich und ein befreundetes Paar, und ein alter VW-Bus. Unser Programm: wieder Kunst-, diesmal auch Naturhistorisches Museum, Stephansdom (mit einer sehr langen Messe), das Sacher (teuer) und Freud.
Übernachtet haben wir auf einem Zeltplatz vor den Toren Wiens, eher ein Privatgarten. In der ersten Nacht starb Romy Schneider. Das kam im Radio. Wir hörten schweigend zu. Nach der zweiten Nacht wurden wir des Platzes verwiesen, da es zu spät und laut geworden war im Bus. Tat uns leid. Die dritte Nacht würden wir auf dem Zeltplatz in der Innenstadt verbringen. Für den letzten Tag stand noch der Besuch eines Heurigenlokals an.
Ein herrlicher Garten, umgeben von gelben Mauern. Wir saßen, genossen, beliebten zu scherzen und hörten uns ein in diesen uns fremden Klang. Der Satz des Kellners „Es gibt große Gloserl und klane Gloserl“ avancierte für unseren Freund zum Hit des Abends, denn, so meinte er, das sei Lebensphilosophie schlechthin.
Wir brachen früh auf. Der Zeltplatz machte ja um 22 Uhr zu. Doch unser VW-Bus war zugeparkt!
Da hörten wir eine Stimme: „Den heben wir raus.“ Es war der ältere Herr, der uns den ganzen Abend schon aufgefallen war. Der mit der attraktiven Frau an seiner Seite.
Wir packten alle an. Aussichtslos. Da sagte unser Freund zu selbigem Herrn: „Sie san doch der Heinrich Harrer!“
„Ja.“ Er lachte.
„Und wir haben Sie den ganzen Abend beobachtet, wie Sie die Gäste beobachtet haben", sagte die schöne Frau.
War das peinlich! Nein, sie fanden uns sympathisch.
Irgendwann waren alle Gäste weg, der VW-Bus frei. Und wir nächtigten im Wienerwald auf dem Boden.
1989. Beim dritten Besuch war Wien eine Durchgangsstation auf dem Donauradweg von Passau bis zur ungarischen Grenze. Tatsächlich übernachteten Herr B. und ich auf dem Zeltplatz, für den es letztes Mal nicht gereicht hatte. Wir hatten ihn schließlich ausfindig gemacht, trotz der originellen Antworten der Wiener Passanten, die wir nach dem Weg fragten. Tatsächlich fanden wir auch den Heurigen vom letzten Mal wieder und in meinem Fotoalbum steht sogar die Adresse: Probusgasse, Pfarrplatz. Leer war er jetzt.
Bleibt noch zu sagen, dass ich meinen Lieblingspulli vor dem Wiener Westbahnhof habe liegen lassen. Heute denke ich, vielleicht war dieses „Vergessen“ mein bescheidenes Dankeschön an Wien.
Und die Sache mit dem Riesenrad, war das im Prater oder woanders?
© Brigitte Hieber 2020-07-15
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